ELISABETH ZÖLLER: „DAS MONOPHON“


Wie kann man Kindern erklären, wie Faschismus und Totalitarismus entstehen und funktionieren, ohne dabei komplizierte historische Beispiele zu bemühen? Die große Kinder- und Jugendbuchautorin Elisabeth Zöller hat dafür den Weg einer Parabel beschritten und das höchst eindrucksvoll.
„Das Monophon“ lautet der Titel und dieses riesige Gerät, das ungefähr wie ein altertümliches Grammophon aussieht, steht eines Tages vor dem Rathaus einer fiktiven Kleinstadt, in der auch die Schülerin Mathilda lebt. Das Monophon begeistert die Menschen, denn es spielt Musik, die sie fröhlich macht und tanzen lässt. Es dauert jedoch gar nicht lange, bis der Bürgermeister das Wort ergreift und über das Gerät Eigenschaften wie Einklang und Einstimmigkeit predigt und die Bürger auf die Gemeinschaft einschwört.
Was ja nicht so falsch zu sein scheint, zumal die Musik wieder für Wohlbehagen sorgt. Allerdings mit zunehmenden Einschränkungen, denn immer öfter ertönen nun auch Botschaften, die zunehmend wie Befehle klingen. Außerdem tauchen jetzt Wächter in schwarzen Hemden auf, rekrutiert aus den Reihen der Bürger, die mit einiger Strenge auf das ungestörte Genießen der Freuden des Monophons achten.
Unbehagen entsteht nicht nur bei Mathilda, die anfangs auch begeistert von den Neuerungen war. Sie bemerkt Ausgrenzungen, denn wer sich der Gemeinschaft nicht anschließt oder gar andere und vielleicht auch kritische Gedanken äußert, ist im Nu ein Außenseiter. Soll Selbstbestimmung etwa etwas Negatives sein und darf man kein eigenes inneres Geheimnis mehr haben, fragt sich das Mädchen und findet wichtige Gesprächspartner dazu in ihren Großeltern.
Doch die Entwicklung geht weiter, denn nun werden alle Menschen mit Sommersprossen auf den Marktplatz eingeladen und zu einer nicht näher bezeichneten Auszeichnung fortgeführt. Bald folgen alle Rothaarigen und auch die Brillenträger werden herbeigerufen. Nach anfänglichem Neid auf diese Gruppen greift allmählich eine unterschwellige Angst um sich, denn - keiner der Weggeführten kehrt je zurück und die Schwarzhemden werden immer mächtiger.
Für Mathilda und die wenigen vertrauenswürdigen Freunde, die noch verblieben sind, wird klar, dass Böses droht und dass sie etwas unternehmen müssen. Wie dieser Widerstand aussieht und wie er tatsächlich noch zu einem Happy End führt, soll hier nicht verraten werden. Jedenfalls gelingt es Elisabeth Zöller, das zunächst schleichende Anwachsen des Faschismus und dessen fatale Wirkung auf grandiose Weise kindgerecht zu verdeutlichen. Fazit: „Das Monophon“ ist eine ebenso spannende wie weise Geschichte für Kinder ab 10 Jahre und sollte zum Pflichtstoff für alle Schulen gemacht werden.

# Elisabeth Zöller: Das Monophon; 170 Seiten, ill.; Carl Hanser Verlag, München; € 12,90


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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