ABBATE/PARKER: "EINE GESCHICHTE DER OPER"


Eine umfassende Gesamtdarstellung zur Geschichte der Oper und das in einem großen Band, ein solches Geschenk für alle Musikfreunde legen die beiden renommierten Musikwissenschaftler Carolyn Abbate und Roger Parker jetzt vor. "Eine Geschichte der Oper. Die letzten 400 Jahre" lautet der Titel und die Professoren spannen den Bogen von den exklusiv für ein kleines erlauchtes Aristokratenpublikum geschriebenen Auftragswerken bis hin zu den großen Opern für ein Massenpublikum.
Das geht über die reine Musikgeschichte und die mancher einzelner Opern weit hinaus, denn auch die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Oper und ihres gesellschaftlichen und politischen Hintergrunds werden beschrieben. Zur Einführung stellen die Autoren die formale Realitätsferne der Oper fest, denn in dieser Spielart des Theaters, bei der generell alle Darsteller ihre Textbeiträge nur singen, geht es ja nicht wie im wirklichen Leben zu.
Zugleich wird deutlich, wie insbesondere im sogenannten Golden Zeitalter der Oper von Mozart bis Verdi weltanschauliche Botschaften zentrale Themen vieler berühmter Werke wurden. Dagegen stehen dann so manche Polemiken, die das Operngeschehen über die Jahrhunderte stets begleitet haben. Sehr unterhaltsam liest sich auch der Wandel bei der Wahrnehmung der Oper als Kunstwerk. Waren es in den Frühzeiten kleine Theater an Adelshäusern, wo die Musikspiele ein Abendvergnügen bedeuteten, wurde die Verbreitung zum Massengenuss über lange Zeit ein nur mäßig vornehmes Vergnügen, wenn da an den Spielstätten während der Aufführung im Publikum gelärmt, gelacht und gespielt wurde. Der "gesittete" Opernbetrieb in feinen Häusern mit andächtig lauschenden - und anspruchsvollen - Menschen setzte erst im 19. Jahrhundert ein und war nicht zuletzt eine Folge langwieriger Disziplinierungsversuche.
Wie sich die Oper allmählich allgemein als hochwertiges Kunstprodukt etablierte, wie sie sich aber auch vom aktuellen, frisch geschriebenen Musikereignis zur Repertoirekunst mit Klassikern und weniger mit neuen Werken wandelte, das beschreiben und analysieren die Experten mit hervorragenden erhellenden Ausführungen. Natürlich gehen sie auch auf etliche Meisterwerke von bekannten Komponisten wie Monteverdi und Händel über Wagner, Strauss und Puccini bis Berg und Britten ebenso ein wie auf die Rivalität zwischen Text und Musik - die Oper, nur gesungenes Theater?!
Den Autoren ist es gelungen, das weite Feld musikwissenschaftlich und zugleich allgemein verständlich darzustellen. Das ist anspruchsvoll aber auch so lebendig geschrieben, dass es jedem Opernfreund ein großes, erhellendes Lesevergnügen verspricht.

# Carolyn Abbate/Roger Parker: Eine Geschichte der Oper. Die letzten 400 Jahre (aus dem Englischen von Karl Heinz Siber und Nikolaus de Palézieus); 735 Seiten, 50 Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 38

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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