TOM ROB SMITH: "OHNE JEDEN ZWEIFEL"

Mit seiner Thriller-Trilogie um den KGB-Agenten Demidow machte Tom Rob Smith weltweit Furore. Der neue Roman des britischen Autors aber erweist sich fast als ein Kammerspiel, entfaltet gleichwohl Spannung und Qualitäten eines Psychothrillers.

"Ohne jeden Zweifel" lautet der Titel und man darf rätseln, wieviel Autobiographies hier eingeflossen ist. Immerhin ist auch Smiths Mutter Schwedin und hatte zumindest vorübergehend psychische Probleme, sein Vater ist Engländer und auch der Schriftsteller lebt in London mit seinem Lebensgefährten zusammen. Hier allerdings geht es um den Landschaftsgärtner Daniel der finanziell von seinem Lebenspartner Mark abhängig ist, während sich seine Eltern Tilde und Chris nach Schweden in ein abgelegenes Dorf verabschiedet haben, um dort ihren Lebensabend auf einem alten, heruntergekommenen Bauernhof zu verbringen.

Kaum ein Vierteljahr ist dieser Umzug her, als Daniel plötzlich durch einen Anruf seines Vaters aufgescheucht wird: der teilt ihm mit, dass die Mutter eine Psychose habe und er sie in die Psychiatrie bringen musste. Schlimmer noch - jetzt sei sie unterwegs zu ihm nach London. Daniel, der seine Homosexualität bis jetzt vor seinen Eltern verschwiegen hat, ist unversehens mit seiner aufgeregten Mutter konfrontiert, die nichts bei sich hat außer einer Tasche voller angeblicher Beweise. Sie redet von einer großen Verschwörung und einer drohenden Gefahr für sie selbst.

Ehemann Chris spiele dabei ebenfalls eine Rolle, denn er habe sich offenbar von ihr abgewandt und sich mit dem autoritären Hakan angefreundet, dem unausgesprochenen Boss im Dorf. Mutters Verdächtigungen gehen sehr weit, denn sie unterstellt den Männern im Ort Verbrechen bis hin zu KInderschädnung und Mord. Obendrein sei Hakans schwarze Adoptivtochter Mia spurlos verschwunden. All das aber erfährt Daniel erstmal nur aus den gehetzten Erzählungen der Mutter, die dabei auch ebenso seltsame wie einschneidende Erlebnisse aus ihrer eigenen Jugend offenbart.

Als sich Daniel in seiner Verwirrung in die schwedische Einöde aufmacht, verschärft die düstere Winterstimmung nur noch das Gefühl von Unsicherheit und Bedrohung. Im Übrigen stellt sich heraus, dass die Eltern nicht wegen der Idylle hierher gezogen sind, sondern weil sie sich durch eigene Schuld ruiniert hatten. Und wie weit hat Mutter Wahrheit und oder Wahn eröffnet, wo doch so vieles so unglaublich erscheint und die Sicht des Vaters dem so völlig entgegensteht? Was für eine Situation, wo der Sohn schließlich vor der Wahl steht, sich für die Mutter oder den Vater zu entscheiden, denn nur einer von ihnen kann recht haben.

Doch es sind nicht nur die komplexen Beziehungen zwischen Sohn und Eltern, die dieses Verwirrspiel schwer durchschaubar aber auch immer spannender machen. Auch die anderen Protagonisten erweisen sich als starke Charaktere und es gelingt dem Autor, die vielen Handlungsstränge auf raffinierte Weise und wahrlich nicht vorhersehbare Weise zu einer Lösung zusammenzuführen. Fazit: ein ungewöhnlicher Spannungsroman mit unterschwellig lauernden dunklen Tönen.

 

# Tom Rob Smith: Ohne jeden Zweifel (aus dem Englischen von Eva Kemper); 383 Seiten; Manhattan Verlag, München;

19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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