AYELET GUNDAR-GOSHEN: "EINE NACHT, MARKOWITZ"

Es ist eine vertrackte Geschichte, die die israelische Autorin Ayelet Gundar-Goshen in ihrem preisgekrönten Debütroman ""Eine Nacht, Markowitz" erzählt. Sie beginnt in Palästina Anfang der 40er Jahre und Hauptfigur ist Jakob Markowitz, Bauer in einem kleinen Dorf, aber auch heimliches Mitglied der Widerstandsbewegung Irgun. Wie auch sein bester Freund Seev Feinberg.

Zwei äußerst unterschiedliche Männer, denn Seev ist ein ebenso unwiderstehlicher wie unverbesserlicher Weiberheld, dem Markowitz in heiklen Situationen sogar zweimal das Leben retten muss. Markowitz dagegen ist von geradezu brillanter Mittelmäßigkeit und mit einem derartig nichtssagenden Gesicht ausgestattet, dass er gerade deshalb ein besonders erfolgreicher Waffenschmuggler ist.

Dann jedoch kommt es zu einem schicksalhaften ungewöhnlichen Befehl der Irgun: es gibt die Chance, 20 jüdische Frauen vor dem bereits wütenden Holocaust der Nazis zu retten. Markowitz und 19 andere Männer reisen deshalb nach Europa, um dort Scheinehen mit den Frauen einzugehen. Nach der Überfahrt ins Gelobte Land geben sie ihre Frauen dann frei.

Ausgerechnet der unscheinbare Markowitz bekommt dabei die schönste von allen zur Kurzzeit-Ehefrau, Bella Seigermann. Zurück in Palästina weigert sich der rettungslos in sie verliebte Markowitz jedoch, ihr den sogenannten Scheidebrief zu geben. Dieser Verstoß gegen die Regeln empört nicht nur Bella, aber Markowitz kann nicht anders. Wütend flieht sie erstmal nach Tel Aviv und lebt dort mit einem Dichter zusammen. Als sie nach zwei Jahren zurückkehrt, geschieht das nur, um wegen der eingetretenen Schwangerschaft ein Stückchen Sicherheit zu erlangen.

Während all der rund zwei Jahrzehnte, die der Roman umfasst, wird das Geschehen intensiv in das Leben im Dorf und vor allem in das Land, aus dem 1948 ein sofort kriegerisch bekämpfter Staat wird, eingebettet. Das gewährt hinreißende Einblicke in die besondere Atmosphäre in den Gründungsjahren Israels. Wobei Markowitz und Feinberg zeitweise als Angehörige eines jüdischen Kommandos in Europa unterweg sind, um Jagd auf entkommene Nazis zu machen.

Auch das hat wieder einen privaten Nebenaspekt, denn während die Beiden auf Reisen sind, werden beide zu Vätern und sind nach der Heimkehr mächtig stolz auf ihre vermeintlichen Söhne. Wie das alles ohnehin sehr sinnlich und zuweilen deftig und dennoch auch mit einer charmanten Prise Poesie geschrieben ist. Ayelet Gundar-Goshen versteht sich bei allem Ernst des Grundgeschehens auch glänzend auf Humor und Komik, wenngleich die Liebesgeschichte selbst eine eher melancholische bis traurige bleibt mit einem bewegenden Ende.

Fazit: ein lebenspraller Roman aus einer spannenden Zeit, wunderbar fabuliert und zugleich mit vielem ganz nah an der damaligen Realität - ein lange nachhallendes Lesevergnügen.

 

# Ayelet Gundar-Goshen: Eine Nacht, Markotwitz (aus dem Hebräischen von Ruth Achlama); 430 Seiten; Kein & Aber Verlag, Zürich; € 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wab/JULIUS)

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