OLIVER PÖTZSCH: "DIE BURG DER KÖNIGE"

Burg Trifels im Wasgau, man schreibt das Jahr 1524 und der Burgvogt Philipp von Erfenstein als ehemals hoch angesehener Ritter des Kaisers müht sich mehr schlecht als recht, die einst stolze Burg zu erhalten. Zu den Hochzeiten der Staufer-Kaiser war sie Mittelpunkt des Reiches, hier wurden die Reichskleinodien verwahrt und um 1193 war König Richard Löwenherz hier Gefangener.

Nun aber gelten Ritter nicht mehr viel oder sind gar heruntergekommen zu berüchtigten Raubrittern, die die Gegend unsicher machen. Hinzu kommen die immer brutaler um sich greifenden Bauernaufstände, in denen sich die hungernden Bauern gegen den Adel und den Klerus auflehnen, von denen sie trotz Missernten immer schamloser ausgepresst werden. Da zählt von Erfenstein noch zu den Gütigen, doch auch so sieht er sich gezwungen, seine 16-jährige Tochter Agnes gut zu verheiraten, um Burg Trifels erhalten zu können.

Diese selbstbewusste junge Frau, die sogar lesen kann und ihre Zeit am liebsten mit Büchern und ihrem Falken Parcival verbringt, steht nun zusammen mit Mathis, dem 17-jährigen Sohn des Burgschmieds, im Mittelpunkt von Oliver Pötzschs jüngstem Historienroman "Die Burg der Könige". Auf recht geheimnisvolle Weise wird Agnes ein Ring mit dem Bildnis Friedrich Barbarossas zugetragen, des legendären Staufer-Kaisers, dessen Gebeine angeblich im Trifels verborgen sind.

Damit setzt ein wild bewegter Reigen von Ereignissen ein, in dem Agnes und Mathis, die einander seit Kindertagen sehr zugetan sind, jedoch durch die Standesunterschiede niemals zueinander kommen können, zeitweise voneinander getrennt werden. Während Mathis als geschickter Waffenschmied gewzungen ist, in den blutrünstigen Bauernkriegen mitzukämpfen, in denen sich die Barbareien beider Seiten immer übler übertreffen, ergeht es Agnes noch weitaus schlimmer. Erst muss sie einen rabiaten Grafen heiraten und dann gerät sie sogar in die Fänge von Hurenhändlern und Gauklern und erleidet widerwärtige Torturen.

Inmitten des zügellosen Ringens aber ziehen noch andere Mächte ihre Kreise, denn der Barbarossa-Ring und eine geheimnisvolle Urkunde sind von größter Bedeutung in den Auseinandersetzungen des jungen Habsburger-Kaisers Karl V. mit Franz I. von Frankreich, seinem Rivalen um die Macht in Europa. Da jagt nun ein mysteriöser schwarzhäutiger Agent sein Unwesen und schreckt vor nichts zurück, um dem Kaiser zu seiner Beute zu verhelfen. Mit seinen Schergen jagt er Agnes nach, deren wichtigste Helfer außer Mathis ausgerechnet der Barde Melchior von Tanningen wird, ein zierlicher Lautenspieler, der allerdings mit einigen erstaunlichen Fähigkeiten aufwartet.

In großem epischem Bogen breitet der versierte Historien-Autor Pötzsch nun die bewegten Zeiten der Bauernkriege aus. Wie immer exzellent recherchiert, entsteht ein höchst plastisches Bild dieser Wendezeit vom späten Mittelalter zur Frühen Neuzeit, als die Ära der Ritterheere mit edlen Schwertkämpfern den wüsten Kriegen mit Söldnerheeren und mit der Überlegenheit der neuen Schusswaffen weicht. Nicht zu vergessen das Aufkommen des Protestantismus, denn die Lehren Martin Luthers greifen um sich und er gilt den Bauernführern zudem als moralischer Unterstützer.

Ob und wie Agnes und Mathis die Verfolgung der kaiserlichen Agenten überstehen, wer den Barbarossa-Ring am Ende erlangt, all das sei hier nicht verraten, ist es doch mit größter Spannung erzählt. Jedenfalls kommt es nach packenden Geschehnissen schließlich zu einem dramatischen Finale mit einem atemberaubenden Showdown im Dom zu Speyer. Und noch einmal fasziniert hier ein Zeit- und Lokalkolorit, das seinesgleichen sucht.

Das Alles ist nichts für Zartbesaitete, denn die Sprache ist deftig, Sitten und Unsitten sind grob und brutale Gewalt scheint hier allgegenwärtig, doch gerade das macht diesen Roman mit seiner dichten, geradezu hautnah zu spürenden Athmosphäre so authentisch. Fazit: großartige Unterhaltungsliteratur vor sehr realem Hintergrund. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

 

# Oliver Pötzsch: Die Burg der Könige; 939 Seiten; List Verlag, Berlin; € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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