SCHLEICH/MERK:"FRANZ JOSEF STRAUß. MEIN TAGEBUCH VON 1988 BIS HEUTE"

Gehasst, geliebt, gehuldigt - Franz Josef Strauß (1915-1973) war der schillerndste Polit-Star Nachkriegs-Deutschlands und so manch einer vermisst diesen schlitzohrigen Bayern-Bullen noch heute. Doch so ganz ist er ja nicht verschwunden, dafür sorgt schon Helmut Schleich, als Kabarettist Kleinkunstpreisträger 2013 und einer der versiertesten Strauß-Parodisten in Bild und Ton.

Und jetzt auch schriftlich, denn zusammen mit seinem Kompagnon Thomas Merk hat er die lang ersehnten Kommentare des Unvergesslichen, der bekanntlich auf einer Wolke hockt und dort offenbar doch nicht nur Hallelujas frohlockt, herausgegeben. "Franz Josef Strauß. Mein Tagebuch. Von 1988 bis heute" heißt das Büchlein und fast könnte man meinen, das Titelbild zeigte den Echten.

Der Inhalt aber könnte wahrlich original sein, aufgebracht zu Papier gebracht und natürlich nicht nur hinreißend selbstgefällig sondern mit vielerlei herben Spitzen. Gleich am 2. Dezember 1990 geht ihm die Galle über und man erinnert sich, wie sehr er den Dicken aus Oggersheim hasste. Da kommentiert er dann zur ersten gesamtdeutschen Wahl: "Wenn ich diesen einheitsbesoffenen Kindergartendemokraten etwas übel nehme, dann das: Dass sie wochenlang am Runden Tisch die großen Wenderevoluzzer spielen, und dann ist das Ergebnis eine weitere Runde Helmut Kohl."

Aber auch Kohls Wiedergängerin ist offenbar nicht nach seinem Gusto, wenn er sie eine "fastrussische Zonenwachtel im Kanzleramt" nennt. Überhaupt dieses Personal vom Bundespräsident, der wegen eines lächerlichen Hauskredits zurücktritt, bis zum unsäglichen Stoiber. Über die Oberen seiner CSU hat er ohnehin nur Verachtung über und bezeichnet sie ohnmächtig schäumend als "buttermilchgesäugte Polit-Pygmäen".

Ob Wiedervereinigung, Parteispendenskandal der CDU oder uneheliche Politikerkinder (zumal von CSU-Größen!) - da platzt dem seiner Meinung nach an allen Ecken und Enden fehlenden Polit-Schergewicht so manches mal der Kragen vom kurzen Hals. Das liest sich dann herzerfrischend hinterfotzig, obwohl sich das ein oder andere beim "echten" FJS vermutlich noch scharfzüngiger und deftiger hätte vorstellen lassen.

Fazit: wer den Polit-Kraftprotz noch immer vermisst oder einfach nur Freude am kräftigen Austeilen hat, wird hier bestens bedient, und den typischen O-Ton hört man quasi automatisch dabei im Kopf.

 

# Helmut Schleich/Thomas Merk: Franz Josef Strauß. Mein Tagebuch. Von 1988 bis heute; 256 Seiten, Klappenbroschur; Droemer Verlag, München; € 14,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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