FRANCISCO GOLDMAN: "SAG IHREN NAMEN"

Wenn jemand seinen Partner nach einem langen erfüllten gemeinsamen Leben verliert, dann ist das ein zutiefst schmerzliches Ereignis. Um wie viel härter aber trifft es einen Zurückgebliebenen, wenn die Liebe noch jung war, noch voller Pläne und mitten im Leben.

Genau das widerfuhr dem US-Autor Francisco Goldman, als er noch vor dem zweiten Hochzeitstag seine Frau Aura durch einen grausigen Badeunfall verlor. Drei Jahre quälender Trauer und Verzweiflung musste er überstehen, bis er seine detaillierten Erinnerungen der gemeinsamen Zeit niederschreiben konnte. Entstanden ist daraus "Sag ihren Namen" und er tritt dafür als Ich-Erzähler auf.

Noch sekundengenau erinnert er sich an jenen schönen Tag in Oaxaca an der mexikanischen Pazifikküste, als die aus Mexiko gebürtige Aura mit ihrer Cousine zum sogenannten Body-Surfen ins Meer ging. Als er den Beiden dann folgt, erlebt er entsetzt, wie eine Welle die geübte Schwimmerin so unglücklich mitreißt und auf den Meeresboden schmettert, dass sie den schweren Verletzungen nach stundenlangem Kampf im Krankenhaus erliegt.

Die Trauer stürzt Francisco Goldman in einen Abgrund des Schmerzes und der Sinnlosigkeit. Sie waren ein innig liebendes Paar trotz der großen Unterschiede. Die angehende Literaturwissenschaftlerin war gerade erst 30 Jahre alt geworden, eine Schönheit von quirliger Lebensfreude und dennoch ebenso vernarrt in ihn wie der bedächtige, über 20 Jahre ältere Intellektuelle in sie.

Alles was geblieben ist an Erinnerungen, Zurückgelassenem, ja selbst das weiterhin unter Qualen genutzte Ehebett in der Wohnung in New York wird zu Mosaiksteinen für ein Denkmal für eine große Liebe. Doch man muss keine Rührseligkeit befürchten, denn Goldman vermag, die Ausformungen seines Schmerzes in etwas zu verwandeln, das den Verlust wie die innige Beziehung auf ewig dem Vergessenwerden entreißt.

Während Auras Mutter, die in einem besonderen Verhältnis zu ihrer Tochter stand, ihn jedoch stets ablehnte, ihm die Trauerarbeit zusätzlich erschwert, fügt der Witwer jedes Detail, jedes Manuskript und jedes Tagebuch der Verstorbenen samt Fotos und Briefen zu einem Archiv der Erinnerungen zusammen. Das steckt voller Feinheiten, doch es ist dem Autor meisterhaft gelungen, alles so mit klarer Sprache auszuführen, dass es Distanz zulässt.

"Sag ihren Namen" ist ein langsames und sehr persönliches Buch auf hohem Niveau. Es mag traurig stimmen, vor allem aber macht es nachdenklich, wenn es auf subtile Weise zeigt, wie die Liebe in der Erinnerung weiterzuleben vermag.

# Francisco Goldman: Sag ihren Namen (aus dem Amerikanischen von Roberto de Hollanda); 460 Seiten; Rowohlt Verlag, Reinbek; € 22,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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