WENDY WUNDER: "FLAMINGOS IM SCHNEE"

Campell Cooper hätte mit ihren 17 Jahren an sich noch eine Menge Träume, doch der Krebs nimmt ihr seit geraumer Zeit jede Chance auf ein normales Leben als Teenager. Die Diagnose lautet auf Neuroblastom und Cam, wie alle sie nennen, gilt als austherapiert.

Doch sie zerfließt nicht in Selbstmitleid sondern gedenkt, ihre sogenannte Flamingo-Liste abzuarbeiten, Dinge, die sie noch erleben will, bevor das absehbare Ende kommt. Sie begegnet den Tatsachen mit einer harschen Mischung aus Sarkasmus und knorrigem Humor, der zuweilen ins Zynische schlägt. Doch so schnodderig Cam sich aus unsentimentaler Überzeugung heraus gibt, so unverwüstlich hoffnungsfroh stellt sich ihre ebenso spleenige wie herzliche Mutter Alicia dem entgegen.

Und sie hat von einem Ort namens Promise gehört, einem Städtchen im fernen Maine ganz im Nordosten der USA. Dort soll es immer wieder zu wundersamen Ereignissen kommen - also also vielleicht auch eine Chance für ihre Tochter geben. Entschlossen packt sie den halben Hausstand ein und verfrachtet die nüchtern vernunftsorientierte Cam, deren elfjährige Halbschwester Perry und die grantelnde Großmutter Nana ebendort hin.

Von den seltsamen Geschehnissen in Promise erzählt nun Wendy Wunders Roman "Flamingos im Schnee", ein Krebsbuch der anderen Art mit einer Heldin, die es einem gar nicht so leicht macht sie zu mögen. Doch sie zieht einen in ihren ganz speziellen Bann, so wie sie selbst sich den Mysterien dieses Ortes mit seinen verblüffenden Phänomenen bald nicht mehr entziehen kann.

Regenbögen ohne Regen, Schneeschauer im August und anderes mehr lassen die Mutter auch auf ein Wunder für ihre todkranke Tochter hoffen. Die selbst gibt sich solchen Illusionen nicht hin, hadert aber gleichwohl auch nicht mit dem unabänderlichen Schicksal. Mag es auch hoffnungslos sein - okay, sie genießt die verbleibende Zeit trotzdem mit grimmigem Witz und sie wird dafür belohnt.

Sie lernt Asher kennen, einen jungen Typen, der sie nicht in Watte packt und sie gerade auf seine sehr eigene Art auf den schwindenden letzten Metern ihres Lebenswegs eine Liebesgeschichte von so rauer, unsentimentaler Poesie erleben lässt, dass sie gerade deshalb fern jeder Süßlichkeit unter die Haut geht. Und wie schon John Greens packender Jugendroman "Das Schicksal ist ein mieser Verräter", an den dieses hinreißende Buch in seiner Ausrichtung stark erinnert, kann es auch hier kein Happyend geben.

Wenn "Flamingos im Schnee" die Leser dennoch nicht in Trübnis zurücklässt, hat das vor allem mit dieser Leichtigkeit, dem zuweilen überwältigenden Humor und der trotzigen Lebensbejahung zu tun, aber auch den wunderbaren überzeugenden Protagonisten. Fazit: ein kluges, warmherziges Lesevergnügen, das lange nachhallt.

 

# Wendy Wunder: Flamingos im Schnee (aus dem Amerikanischen von Karin Diemerling); 351 Seiten; Goldmann Verlag, München;

€ 17,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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