JORDI PUNTI: "DIE IRREN FAHRTEN DES GABRIEL DELACRUZ"

Jordi Punti ist Katalane und ein begnadeter Erzähler. Mit dem in seiner Heimat bereits mehrfach preisgekrönten Roman "Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz" gelang ihm nun einer Werk, wie es europäischer kaum denkbar ist, denn gleich vier Länder bringen sich mit recht typischen Eigenarten ein.

Ausgangspunkt ist das Verschwinden des besagten Gabriel, eines etwa 60-jährigen Möbelpackers aus Barcelona. Die Polizei macht einen unehelichen Sohn des Vermissten aus, der lange keinen Kontakt zu seinem Erzeuger hatte, nun aber dennoch neugierig durch dessen Wohnung streift. Dieser Cristofel findet dabei einen Zettel mit einer verblüffenden Information: er hat mindestens drei Halbbrüder, verstreut über ganz Europa.

Noch verrückter jedoch erscheint ihm, dass alle heißen wie er, nur in der jeweiligen nationalen Sprachform. Christopher lebt in London, Christophe in Paris und Christof wurde in Frankfurt geboren. Orientiert hatte sich der international für ein Umzugsunternehmen arbeitende Gabriel offenbar am Heiligen Christophorus, dem Schutzheiligen aller Reisenden. Auch das mag ein Rückstand aus seiner Kindheit in einem streng katholischen klösterlichen Waisenhaus sein, wie auch die Unfähigkeit zur Sesshaftigkeit oder gar zu einer dauerhaften Bindung an eine Familie.

So hat er sich jeweils mit einem Sohn verewigt und ansonsten weitgehend nur sporadischen Kontakt gehalten, wie nach und nach herauskommt. Doch noch so viele Liebschaften konnten ihm nichts anhaben, wogegen ihn der Hang zum Kartenspielen nun tatsächlich in die Bedrouille gebracht hat. Wie gut, dass sich jetzt die vier Christof-Söhne zusammentun und bei aller Unterschiedlichkeit doch viel vom Charakter des Vaters mitbekommen haben. Gemeinsam machen sie sich auf die Spurensuche.

Was sie bei dem damit einsetzenden geradezu schrulligen Roadmovie erleben, ist eine hinreißende Melange aus Schelmenroman und vor Anekdoten überquellender Abenteuergeschichte. Ihr Erzeuger, der bei Frauen einfach nicht Nein sagen konnte, hatte es im Übrigen faustdick hinter den Ohren. Mit seinen ähnlich schrägen Kollegen Bundo und Petroli war er ständig quer durch den Kontinent für Gutsituierte auf Umzugstour gewesen. Dabei zweigten sie des öfteren den ein oder anderen Koffer ab und die ergatterte Beute wurde redlich geteilt.

Die Halbbrüder nehmen das Alles ähnlich locker wie der Alte und sie wollen diesen, wenn sie ihn denn finden, auch durchaus nicht fertig machen. Jedem von ihnen hat er bei9 den seltenen Begegnungen Ähnliches aus seinem Leben erzählt, nun wollen sie endlich Genaueres erfahren, nicht zuletzt von den ständigen Gaunereien.

Das sprüht dann vor skurrilem Witz und die enge Verwandtschaft des Lebenskünstlers mit seinen vier Christophers auch im Geiste macht das so meisterhaft Fabulierte zu einem Feuerwerk sprühender Fabulierkunst.

 

# Jordi Punti: Die irren Fahrten des Gabriel Delacruz (aus dem Katalanischen von Michael Ebmeyer); 606 Seiten; Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln; € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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