MARIE DARRIEUSSECQ: "PRINZESSINNEN"

Selten ist so detailliert und lebensnah aber auch komisch über diese unerträgliche Phase der Pubertät, wenn ein Mädchen mitten in der Metamorphose vom Kind zur jungen Frau steckt, geschrieben worden, wie es Marie Darrieussecq mit ihren Roman "Prinzessinnen" tut.

Autobiografisches soll in das Buch der französischen Psychoanalytikerin eingeflossen sein, sehr realistsich ist es auf jeden Fall, wenn man als Leser einmal an eigene Erfahrungen zurückdenkt. Diese Solange, die mit ihren 15 Jahren mittendrin steckt in den Irrungen und Wirrungen der Pubertät, wächst in den 80er Jahren in einem Dorf im Südwesten Frankreichs auf, fühlt sich unverstanden und ungeliebt und als Außenseiterin.

Frühreif ist sie mit erwachender Sexualität, doch der ebenso naive wie zwanghafte Wille, endlich die Jungfräulichkeit zu verlieren, entspringt nicht einer irgendwie gearteten Verdorbenheit sondern der Sehnsucht nach Zuwendung und Geborgenheit. Den Vater liebt sie zwar sehr, doch er ist ein Angeber und selten daheim, während die schwache Mutter sich mit Tabletten zudröhnt. Der Sonderling Monsieur Bihotz betreut das Mädchen zwar, als Zielperson für ihre Gefühle taugt er jedoch einfach nicht.

Wie aber soll sie mit Schulkameradinnen wie der so souverän tuenden Rose, der vermeintlich lesbischen Laeticia und dem angeblichen Früchtchen Delphine mithalten, wenn sie nicht endlich weiß, wie es sich anfühlt, richtigen Sex zu haben? In loser Folge schildert der Roman mit ebenso spröder wie expliziter Sprache allerlei Fehlversuche und manche der Liebesexperimente verlaufen verkrampft bis peinlich und nur für den nicht Betroffenen selbst auch komisch.

Was immer sie erlebt, empfindet, schließlich rücksichtslos auch gegen sich selbst wie eine trotzige kleine Lolita durchsetzt - es ist weder sinnlich noch gar romantisch. Ein erster Schritt zum ersehnten Erwachsenwerden gelingt gleichwohl und die Erfahrung der Macht von Verführung und Lust wird zum ersten großen Schritt über eine unsichtbare Schwelle. Marie Darieussecq hat ihn lebensnah und zuweilen verstörend real beschrieben. Fazit: die ganze Konfusion weiblicher Pubertät, hier wird sie zu einem deftigen virtuosen literarischen Ereignis.

 

# Marie Darrieussecq: Prinzessinnen (aus dem Französischen von Patricia Klobusiczky); 302 Seiten; Carl Hanser Verlag, München; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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