N.N.: "DAS TOTAL GEFÄLSCHTE GEHEIM-TAGEBUCH VOM MANN VON FRAU MERKEL"

Das Buch hat wirklich gefehlt, denn unsere Bundeskanzlerin wirkt ja meist so cool und professionell, dass man sich fragt, ob es auch eine private Angela Merkel gibt und ob sie womöglich gar so etwas wie kleine Macken oder Schwächen hat. Auf unbekannten Wegen ist nun das Tagebuch des Kanzlerinnengatten auf den Markt gekommen und gibt manch erstaunliche Details preis.

Der verantwortliche Publizist verweigert leider schamhaft seinen Namen und versucht durch einen offensichtlich irreführenden Titel dieser Pretiose an Offenbarungen die Glaubwürdigkeit zu entziehen, hat er es doch als "Das total gefälschte Geheim-Tagebuch vom Mann von Frau Merkel" betitel. Dabei spürt der aufmerksame und mediengestählte Leser sofort, wie überaus authentisch das Alles nach O-Ton klingt.

Der Schatzfund setzt zu Silvester 2011 ein, zunächst mit guten Vorsätzen, denen der Vermerk mit einem Anruf von Noch-Präsident Wulff folgt. Beim sofortigen Abo-Abschluss einer bestimmten Fernsehzeitschrift bekomme er einen schönen Toaster als Werbegeschenk. Tagebuchschreiber Jo dazu knapp: "Merkwürdiger Kerl." Ohnehin fremdelt der Chemie-Professor noch immer mit allem WEstlichen bis hin zu Valentinstag und Weihnachten.

Stattdessen liebt er die seltenen gemütlichen Abende mit "Mutti" (er nennt sie tatsächlich auch für sich selbst des öfteren so!) bei Kerzenlicht und den Schlagern von Frank Schöbel. Am 17. Februar 2011 ist dem Chemiker bei solch einem Anlass allerdings ein folgenschweres Malheur passiert, als er ihr selbstgebrannten Wacholder kredenzt hat. Anderntags war sie so angeschlagen, dass sie Vizekanzler Rösler für eine halbe Stunde ans Regieren ließ und der glatt Gauck als Bundespräsident vorschlug. "Wegen deinem Wacholder habe ich den jetzt die nächsten fünf Jahre am Hals", grantelte die damals bekanntlich sehr saure Kanzlerin.

Doch es ist nicht nur immer wieder seine konservative Ossi-Denke schuld, wenn er mal wieder einen Klops dreht, wo er "Mutti wohl peinlich" ist. Wie bei den seltsamen Erlebnissen im Weißen Haus bei den Obamas. Wobei er dem Leser aus verständlichen Gründen ein Foto vorenthält - anschließend im Hotelzimmer geschossen - wie Angela die Freiheitsmedaille trägt und sonst gar nichts. Aber die Beiden sind ohnehin FKK-und Sauna-Freunde und mit Nostalgie denkt er ans damalige Kennenlernen, als sie noch Kleidergröße 36 trug.

Manchmal knirscht es aber auch zwischen den Beiden und er ist sauer, wie wenig er als "first husband" von den Medien wahrgenommen wird. Dabei hätte er so schöne Sachen auszuplaudern von all den Begegnungen mit Mächtigen und Promis. Eine Bemerkung hätte es immerhin wert sein müssen, wo er als evangelischer Wissenschaftler Papst Benedikt XVI. schlüssig nachwies, das Gott nicht existiert. Vielleicht hat ihm Mutti aber auch deshalb zum Geburtstag nur einen Nassrasierer geschenkt.

Wer nun bei all den Szenen einer Ehe und den privaten Anmerkungen zur großen Politik eine Ahnung bekommen möchte, wohin uns das staatstragende Ehepaar einst führen will, den fröstelt es doch vielleicht ein wenig, wenn er erfährt, dass die Beiden einander zuweilen scherzhaft "Margot und Erich" nennen...

Zu 99 Prozent aber darf man schmunzeln oder lauthals lachen bei diesen teils so entlarvenden wie satirischen total gefälschten Indiskretionen. Ob Mutti das auch so sieht, frage man lieber nicht, für fast alle anderen Leser jedenfalls ist das Büchlein ein köstlich respektloses Lesevergnügen.

 

# N.N.: Das total gefälschte Geheim-Tagebuch vom Mann von Frau Merkel; 224 Seiten; Scherz Verlag, Frankfurt; 14,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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