HECTOR TOBAR: "IN DEN HÄUSERN DER BARBAREN"

Erst im zweiten Anlauf wurde Héctor Tobars Debütroman "In den Häusern der Barbaren" von 1995 jetzt ein Erfolg in den USA. Dabei hatte der Erfolgsautor bereits 1992 den Pulitzer-Preis für eine Reportage über die Rassenunruhen in Los Angeles bekommen und auch sein literarisches Erstlingswerk stellt die Konflikte mit den vielen illegalen Einwanderern aus Mexiko und den latenten Rassismus gegenüber den "Hispanics" gegenüber, wie sie dort offiziell genannt werden.

Hier steht Araceli Ramirez im Mittelpunkt, seit vier Jahren illegal in Los Angeles und jetzt die als letzte übrig gebliebene Hausangestellte der neureichen Familie Scott und Maureen Torres-Thompson mit ihren drei Kindern. Sie leben in einer schmucken Villa in einem eleganten Kondominium mit Blick auf den Pazifik. Doch eine Krise hat die Firma des Software-Programmierers getroffen und seine Geldanlagen waren auch nicht optimal.

Erst müssen bis auf Araceli alle Bediensteten gehen, dann kommt es zu einem spektakulären Streit zwischen den Eheleuten, nach dem erstmal jeder für sich ausreißt. Die mexikanische Perle aber steht plötzlich mit den beiden Söhnen (acht und elf Jahre) allein da. Mangels hinreichender Sprachkenntnisse kann Araceli keine Hilfe herbeirufen. Als die Eltern auch nach Tagen noch spurlos wegbleiben und sie als Illegale ja auch schlecht bei offiziellen Stellen anrufen kann, bleibt nur noch ein hilfloser Ausweg: die nicht sonderlich kinderliebe junge Frau macht sich auf den Weg zum Großvater der Jungen.

Das aber wird zu einer folgenreichen Odyssee für Araceli, denn erstens hat sie nur ungenaue Vorstellungen davon, wo der alte Herr überhaupt wohnt, und zweitens kommen die Eltern endlich heim und kehren sofort die allgemein üblichen Ressentiments gegen hispanische Illegale hervor - wenden sich also sofort an die einschlägigen Behörden. So wird die brave Araceli schließlich wie eine Verbrecherin gejagt. Wenn die ganze Geschichte auch nicht als dramatischer Kriminalfall endet, so hält sie doch der US-Gesellschaft einen bitterbösen Spiegel vor.

Tobars Eltern wanderten einst aus Guatemala ein und er selbst hat die Diskriminierungen des äußerlich erkennbaren "Nicht-Originalamerikaners" oft genug erlebt, um authentisch darüber schreiben zu können. Und das hat er hier spannend und mit starken Dialogen wie auch mit einigem Wortwitz getan. Fazit: ein hervorragendes Stück Gegenwartsliteratur mit einer sehr realistischen Geschichte, für die eine Verfilmung bereits in Vorbereitung ist.

 

# Héctor Tobar: In den Häusenr der Barbaren (aus dem Amerikanischen von Ingo Herzke); 490 Seiten; Piper Verlag, München; € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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