NEIL YOUNG: "EIN HIPPIE-TRAUM"

Wenn eine lebende Legende ihre Autobiographie schreibt, kann das sehr interessant werden, vielleicht sogar lang verborgene Geheimnisse offenbaren. Der ewig Rockmusiker Neil Young hat nun seine Memoiren geschrieben und nennt sie "Ein Hippie-Traum" - einiges liest sich tatsächlich recht spannend, insgesamt aber bietet das Buch eine recht eigenartige Mischung von eingehenden Erinnerungen an musikalische Stationen, persönlichem Kleinkram, Hobbies und Befindlichkeiten.

Wenn dieses Buch mit dem Wort "Ich" beginnt, ist es nur konsequent für den als Egomanen bekannten Rockstar, und als solcher mäandert er durch Vergangenheit und Gegenwart. Seine schwierige, von Krankheiten geprägte Kindheit, seine späteren Gesundheitsprobleme und die beiden schwerstbehinderten Söhne sowie das Privatleben berühren durchaus. Zugleich bestätigt er seinen exzessiven Drogen- und Alkoholkonsum, unter dem fast sämtliche der kaum noch zählbaren Songs entstanden sind. Inzwischen sei er aber runter davon, beteuert er.

Natürlich finden die legendären Zeiten von Buffalo Springfield, von Crosby, Stills, Nash & Young und die Solo-Höhenflüge unter anderem der "Harvest"-Ära ihren Niederschlag mit vielen Anekdoten. Gerade die Aufbruchzeit der 60er Jahren bietet interessante Aspekte, doch auch hier ist der Fokus oft reichlich eng auf Young beschränkt und es könnte übersehen werden, dass er zwar einer der Großen und immer wieder ein wichtiger Neuerer war, dabei jedoch nicht nur kommerziell im Schatten von Musikern wie Dylan und Springsteen blieb.

Ohne Young unnötig Verdienste absprechen zu wollen, wäre etwas mehr konkrete und geordnete Rückschau wünschenswert gewesen. Er ist ja geradezu berüchtigt für seine Spontaneität, die aber sorgte hier eher für bedauerliche Lücken bei einem Rastlosen, der viel mehr Bedeutendes aus über vier Jahrzehnten eines ewig schillernden und dauer-kreativen Künstlerlebens hätte erzählen können. Stattdessen ergeht er sich in Altmänner-Manier streckenweisen Ausflügen zu seinen Hobbies von der riesigen Modelleisenbahnanlage bis hin zu seiner Oldtimer-Verrücktheit, für die er schon mal tausend Meilen fährt, um ein altes Ersatzteil zu ergattern.

Große Teile dieser Autobiographie sind durchaus lesenswert, doch das in schlichtem Stil verfasste Werk enttäuscht durch das, was man von dem Kanadier vielleicht hätte erwarten können und nicht bekommen hat. Fazit: ein bunter jedoch recht unvollkommener Einblick in das ereignisreiche Leben eines ewigen Hippies, der den Wunsch nach einer "richtigen" Biographie nährt.

 

# Neil Young: Ein Hippie-Traum (aus dem Amerikanischen von Stefanie Jacobs, Michael Kellner, Hans-Ulrich Möhring); 478 seiten, div. Abb.; Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln; € 22,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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