CELIA REES: DER GEHEIME CODE
DER FRAUEN
Wer den Titel Der geheime Code der Frauen liest, käme vermutlich kaum auf die
Idee, dass es sich nicht um nette Lektüre um Liebelei und 'Frauengedöns' handelt,
sondern um einen veritablen Spionagethriller.
Auch für die britische Autorin Celia Rees ist dieser Roman etwas Besonderes, denn bisher
kennt man sie als erfolgreiche Jugendbuchautorin. Ihr Debüt für die Belletristik spielt
in der Zeit direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, Großbritannien versucht mühsam, in seiner
nordwestdeutschen Besatzungszone so etwas wie eine Ordnung aufzubauen. Neben vielem
anderen liegen dort auch die Schulen völlig danieder.
Deshalb folgt Edith Graham einem Aufruf für einen Wiederaufbaueinsatz in Deutschland.
Ende 1945 stellt sie sich in einem Regierungsbüro vor und hat beste Voraussetzungen, denn
sie ist Deutschlehrerin. Ihre Arbeit an einer Mädchenschule in der Provinz langweilt sie
ungemein und hier kann sie als Education Officer Interessantes erleben und damit sogar
etwas Gutes tun.
Doch sie befindet sich im Büro des Geheimdienstes des Special Operative Executive (SOE)
und sie wird überraschen gleich geheimverpflichtet, denn man hat eine ungleich wichtigere
Nebenaufgabe für die unauffällige Enddreißigerin. In den 30er Jahren hatte sie eine
intensive Liebesbeziehung mit dem Deutschen Kurt von Stavenow gehabt.
Der angehende Arzt machte dann jedoch nach der Trennung Karriere bei der SS und bekleidete
einen hohen Posten bei der berüchtigten Aktion T 4. Der Sturmbannführer
gehörte damit zu den besonders üblen Kriegsverbrechern des Euthanasieprogramms der
Nazis. Die SOE weiß um den Verbleib seiner Ehefrau und Edith soll nun über sie
versuchen, ihn aufzustöbern, damit er vor Gericht gestellt werden kann.
Die mit Edith befreundete Dori allerdings warnt die intelligente aber unbedarfte Lehrerin
vor dieser Aufgabe. Sie selbst weiß, wovor sie warnt, denn als ungarische Jüdin hat sie
selbst Heikles als Agentin erlebt. Weshalb sie denn auch als Absicherung mit Edith
vereinbart, dass diese ihre Erkenntnisse heimlich auch ihr zukommen lässt.
Und hier kommt der seltsame Romantitel ins Spiel, denn die beiden Frauen benötigen einen
sicheren und zugleich unverfänglichen Geheimcode angesichts der allgegenwärtigen
Schnüffelei nicht nur seitens der Zensur. Der für Edith sogleich offensichtlich wird, da
sie leidenschaftlich gern Rezepte sammelt. Und was wäre unauffälliger gerade in solch
entbehrungsreichen Zeiten, wenn sich zwei Frauen über Kochrezepte austauschen?!
In Deutschland erlebt die Amateuragentin dann einerseits ein chaotisches daniederliegendes
Land kennen. Wo es noch Schulen gibt, frieren und hungern die Kinder und selbst die
Rechenbücher sind nazigeprägt. Zugleich kann sie viele Fäden knüpfen, gerät
allerdings umgehend auch in widerstrebende Machenschaften der verschiedenen
Besatzungsmächte.
Tatsächlich kommt Edith in Kontakt mit Elisabeth von Stavenow, lernt aber zugleich, dass
man in diesem Wirrwarr weder den eigenen Leuten noch den Besiegten trauen kann. Der
Kontakt zu Dori über The Radiance Cookery Book und viele neue
Rezepterfindungen erweist sich als sehr nützlich. Es sei jedoch nur noch angedeutet, dass
Edith wirklich die Spur von Kurt von Stavenow findet.
Die besonderen Qualitäten dieses spannenden Romans liegen im hervorragenden Zeit- und
Lokalkolorit. Der überaus weibliche Blick samt der Hauptakteurinnen prägen die Lektüre
recht feminin, so dass man durchaus von einem Frauenroman sprechen kann, ohne
ihn damit herabsetzen zu wollen.
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