HELEN SIMONSON: "MRS. ALIS UNPASSENDE LEIDENSCHAFT"

Einen charmanten Debütroman über späte Liebe und mancherlei Gegenreaktionen hat die englische Autorin Helen Simonson mit "Mrs. Alis unpassende Leidenschaft" vorgelegt. Wobei gleich klargestellt werden soll, dass der Titel etwas irreführend ist, da die Geschichte eindeutig aus der Sicht des verwitweten Majors Ernest Pettigrew geschrieben worden ist.

Allerdings ist die gleichfalls verwitwete Jasmina Ali durchaus das, was man eine Powerlady nennen könnte. Als Pettigrew bei der Nachricht vom Tod seines Bruders einen kleinen Schwächeanfall erleidet, hilft ihm die Ladenbesitzerin. Als sich diese beiden reifen Menschen nun allmählich und durchaus recht zaghaft einander annähern, geht das nicht ohne erhebliche Widerstände im kleinen Dorf Edgecombe St. Mary ab, schließlich ist er ein englischer Gentleman und sie als andersgläubige Pakistanerin eine Außenseiterin.

Doch das Intrigieren gegen die sich anbahnende zarte Verbindung äußert sich nicht nur bei Pettigrews Schwägerin und seinem reichlich oberflächlichen Sohn Roger, einem aufstrebenden Banker, durch teils geradezu garstige Gegenreaktionen. Jasmina Alis Familienclan drängt längst, dass sie ihren Laden an den Neffen übergeben soll, obwohl der bei aller Glaubensheftigkeit nicht nur in Geschäftsdingen ein ziemlicher Nichtsnutz ist. Ganz abgesehen davon, dass man diese ganz und gar verpönte Liebelei nicht akzeptieren will.

Da blühen die Ressentiments und der dörfliche Tratsch auf und Jasmina sucht schließlich sogar das Weite. Wie es dennoch zu einem Happyend kommt, sei hier nicht verraten, doch auf jeden Fall hat das ebenso Humor wie auch viel Gefühl und Tiefgang, ohne in Kitsch zu verfallen. Helen Simonson hat hier zwei starke Charaktere entwickelt, die einem mit ihrem Eigensinn und manchen liebenswerten Eigenschaften schnell ans Herz wachsen - die belesene Jasmina mit ihrer wunderbaren Mischung aus Eigenständigkeit und fernöstlichem Charme und der auf Etikette bedachte etwas steife Ernest mit viel Sinn für Stil aber zugleich dem Herzen auf dem rechten Fleck.

Diese warmherzige Geschichte einer späten Liebe gegen manche Widerstände ist in einem ruhigen Erzählfluss geschrieben und fesselt zugleich mit ihrer Menschlichkeit und Lebensnähe. Fazit: im besten Sinne very British und zugleich mit scharfsinnigem Blick für gesellschaftliche Toleranzprobleme.

 

# Helen Simonson: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft (aus dem Englischen von Michaela Grabinger); 476 Seiten; Droemer Verlag, München; € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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