LOUIS BAYARD: "ALGEBRA DER NACHT"

Eine raffinierte Mischung aus Krimi und Historienroman kredenzt US-Autor Louis Bayard mit seinem neuen Buch "Algebra der Nacht". Der Titel weist gleich doppelt ins frühe 17. Jahrhundert, denn damals soll es die geheimnisvolle "Schule der Nacht" gegen haben, in der einige der größten Köpfe Englands jener Zeit über so Verbotenes wie Alchemie und Atheismus diskutiert haben.

Unter den Geistesgrößen war auch der brillante aber weitgehend unbekannt gebliebene Thomas Harriot, der unter anderem die "English School of Algebra" schuf, aber auch zusammen mit seiner Haushälterin und späteren Geliebten Margaret riskante, streng verbotene Experimente durchgeführt haben soll. Am Anfang des souverän aufgebauten Handlungsgeflechts steht jedoch in der Jetztzeit die Beerdigung des exzentrischen Buchsammlers Alonzo Wax, von der dessen alter Studienfreund, der Historiker Henry Cavendish, als Ich-Erzähler berichtet.

Alonzos letzte Meldung auf dessen Anrufbeantworter wies darauf hin, die "Schule der Nacht" sei wieder aktiv geworden. Näheres erfuhr Henry nicht mehr, da sich Alonzo noch in derselben in den Potomac River stürzte. Als nun der schwerreiche Antiquitätensammler Styles an Henry herantritt und diesen als Nachlassverwalter der umfangreichen Wax-Sammlung beauftragt, ihm ein von Alonzo angeblich entwendetes wertvolles Dokument wiederzubeschaffen, lässt sich der abgebrannte Henry gegen gutes Geld darauf ein.

Das Dokument soll ein Brief von Sir Walter Raleigh von 1603 sein, der beweist, dass es die "Schule der Nacht" tatsächlich gab. Doch mit Clarissa Dale, einer Vertrauten des Verstorbenen, taucht ein weiterer Interessent an der mysteriösen Verienigung auf - und sie zweifelt am Selbstmord Alonzos. Vielleicht nicht ganz zu unrecht, denn bald schon kommt dessen ehemalige Mitarbeiterin Lily auf rätselhafte Weise ums Leben und die Sammlung der alten Bücher ist verschwunden.

Offensichtlich spielen hier einige äußerst skrupellose Kräfte mit und Styles womöglich an vorderster Stelle. Was sich daraus - und zwischen Henry und Clarissa - nun entwickelt, glänzt nicht nur mit exzellent gesetzten Wendungen und Überraschungen, es führt in Passagen mit feinem Zeit- und Lokalkolorit auch wiederholt zurück in die Ära der verbotenen Gesellschaft und hier insbesondere zu Harriot und seiner wagemutigen Geliebten.

Das Alles gerät zu einem anspruchsvollen und zugleich fesselnden Thriller, der dank einer hervorragenden Übersetzung auch den eleganten Sprachstil Louis Bayards offeriert. Fazit: ein wahrer Genuss an gehobener Spannungsliteratur.

 

# Louis Bayard: Algebra der Nacht (aus dem Amerikanischen von Silvia Morawetz); 427 Seiten, Klappenbroschur; Insel Verlag, Berlin;

€ 16,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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