WALDTRAUT LEWIN: "DER WIND TRÄGT DIE WORTE"

Historische Fakten, erläuternde Zeitberichte, romanhafte Erzählungen vor realem historischem Hintergrund - so ist die Geschichte der Juden und des Judentums wohl noch nie erzählt worden, wie Waldtraut Lewin es jetzt in ihrem voluminösen Band "Der Wind trägt die Worte" getan hat.

"Geschichte und Geschichten der Juden" lautet der Untertitel dieses wahrlich nicht nur für junge Leser ab etwa 14 Jahre fesselnde Lesebuch. Fakten und Kommentare, reine Geschichtsdarstellung und zur Veranschaulichung fiktiv Erzähltes wechseln einander zum jeweiligen Thema ab, dabei jeweils durch die unterschiedliche Schriftart voneinander abgegrenzt.

In drei Teilen schreibt die versierte Autorin von der Zeit der Legenden bis zum ausgehenden Mittelalter. Das beginnt mit biblischen Gestalten zu Zeiten Abrahams oder König David etwa 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Dann wird dieses Volk, das einst aus zwölf Stämmen bestand, in den Jahrzehnten nach Jesus endgültig von den Römern zerschlagen und in alle Welt zerstreut.

Diese Zeit der frühen Diaspora wird nun ebenfalls in ihren historischen Abläufen und an wichtigen Schauplätzen wie den Jahrhunderten der Toleranz unter der maurischen Herrschaft in Andalusien geschildert. Es gibt Darstellungen von Assimilationen und solche, wie der gemeinsame und streng hochgehaltene Glaube die jüdische Identität bewahrt. Aber auch das immer wiederkehrende Leid durch Verfolgung findet seinen Niederschlag bis hin zu jenem fatalen Vorläufer des Holocaust in Spanien, als große Zahlen von Juden - oftmals trotz Konversion zum Christentum - Ende des 15. Jahrhunderts entweder vernichtet oder verjagt wurden.

Es sind manch dramatische Geschichten dieses Volkes ohne Land und immer wieder stehen mal beeindruckende historische Persönlichkeiten im Vordergrund, mal aber auch spannende fiktive in sachkundig darstellenden Abhandlungen. Die Reise folgt der Windrose und geht von Kanaan, Babylon und Ägypten bis nach Amerika, ins frühe Deutschland und in das aufblühende osmanische Reich mit Saloniki als dem zeitweiligen "Jerusalem des Balkan".

Waldtraut Lewin dokumentiert, erklärt und erzählt ausgesprochen plastisch und während alles auf Tatsachen beruht, ist es doch so lebendig und gut lesbar geschrieben wie ein Roman. Dieser einzigartige Geschichtsunterricht wird zudem gekrönt mit Glossaren zum jüdischen Kalender samt seinen überlieferten Feiertagen und einem mit Wort- und Sacherklärungen. Hinzu kommt eine sehr hilfreiche Zeittafel.

Fazit: ein Meisterwerk der Geschichtsschreibung für junge Menschen, das auch für erwachsene Leser eine Quelle des Wissens mit einer Vielzahl von Überraschungen bietet. Da darf man auf den zweiten Band gespannt sein, der sich Geschichte und Geschichten der Juden vom Beginn der Neuzeit bis zur Gegenwart widmet.

 

# Waldtraut Lewin: Der Wind trägt die Worte. Gechichte und Geschichten der Juden. Erstes Buch. Von der Zeit der Legenden bis zum Ausgang des Mittelalters; 768 Seiten; cbj Verlag, München;

€ 24,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: KJB 518 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.