KAMRAN PASHA: "DIE SCHWERTER VON JERUSALEM"

Man meint das Wirken Richard Löwenherz' zu kennen und auch die wesentlichen Geschehnisse des dritten Kreuzzuges (1189-1192), der maßgeblich am großen Sultan Salah ad-Din Yussuf ibn Ayyub - Saladin - scheiterte. Doch die vielen Bücher und Filme stellten fast durchweg die 'westliche' Sicht des blutigen Ringens dar, was der Objektivität nicht immer sonderlich zuträglich war.

Einen fesselnden Blick aus der Sicht des Morgenlandes bietet da Kamran Pashas Roman "Die Schwerter von Jerusalem". Ursprünglich hatte der seit seiner Jugend in den USA lebende pakistanische Schriftsteller und Drehbuchautor diese Geschichte für einen Historienfilm verfasst. In Romanform aber kann dieses Werk mit seiner emotionalen, morgenländisch prachtvollen Ausdrucksweise neben dem kriegerischen Ringen vor allem auch die religiösen und kulturellen Aspekte umreißen.

Pasha weist selbst ausdrücklich darauf hin, dass er sich fiktionale Freiheiten genommen hat in den Abläufen und teils bei den Protagonisten. Zugleich knüpft er ein brisantes Personengeflecht, das die Konflikte noch schärfer herauskehrt. Dem muslimischen Saladin stellt er den Christen Richard gegenüber und als erfundenes Bindeglied fügt er die Jüdin Miriam hinzu, in die sich beide Männer verlieben. Historisch echt wiederum und in vielerlei Hinsicht wichtig ist Miriams Onkel Maimonides, ein Rabbi, der dem Sultan sowohl als Berater wie auch als Arzt diente.

Gleich zur Eröffnung wird das Barbarentum der Kreuzzügler vorgeführt, die eine Karawane überfallen haben. Die noch mädchenhafte Miriam wurde vergewaltigt und ihre Eltern gemeuchelt. Immer wieder erweisen sich die Christen als ungebildete Schlächter zu einer Zeit, da die islamische Welt kulturell und wissenschaftlich in hoher Blüte stand. Und es wird auch deutlich, wie weit im Gegensatz zur brutal dogmatischen Vatikankirche Toleranz im Islam umgesetzt wurde (man denke nur an die Jahrhunderte des friedlichen Miteinanders der Religionen in Spanien - bis zur christlichen Reconquista!).

Das eine große Ereignis ist hier nun Saladins Sieg über König Guido, mit dem die Muslime Jerusalem 1187 zurückeroberten. 1189 jedoch sammelte Richard Löwenherz ein neues Kreuzzugsheer, um das Heilige Land von den "Heiden" zu befreien. Das daraus entstehende und erneut ungeheuer blutige Ringen in einer letzten Entscheidungsschlacht ist überaus bildhaft und packend geschrieben. Doch der Roman hat auch seine philosophischen und seine zwischenmenschlichen Passagen.

Für westliche Leser mag es überraschen, dass Richard Löwenherz nicht ganz als die hehre Lichtgestalt dargestellt wird, wie sie vor allem durch die Robin Hood-Legenden heroisiert wurde. Viel überraschender aber sind Sätze wie der Saladins gegenüber dem gefangenen König Guido: "Der Heilige Prophet hat uns verboten, sie zu unterdrücken." Gemeint sind - die Juden! Und es wird nüchtern festgestellt: "Dann waren die Franken am Horizont erschienen. Ein armes, ungebildetes, hasserfülltes Volk, das danach trachtete, in Namen seines Christus Jerusalem an sich zu bringen. Der Rabbi hatte die Worte dieses Jesus von Nazareth gelesen und nichts darin gefunden, womit sich ihre Schreckenstaten hätten rechtfertigen lassen."

Man muss umdenken beim Lesen und selbst der Schreibstil mag zuweilen irritieren, denn er neigt zu blumigen oder gar pathetischen Formulierungen. Das wirkt auf seltsame Weise altmodisch und doch nicht unpassend, zumal Kamran Pasha sich als Meister des spannenden und bewegenden Schreibens erweist. Fazit: ein außergewöhnlicher Roman mit viel tieferer Weisheit, die den Blick zu anderen Horizonten öffnet.

 

# Kamran Pasha: Die Schwerter von Jerusalem (aus dem Englischen von Irmengard Gabler); 510 Seiten; Scherz Verlag, Frankfurt; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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