JOEL DICKER: „DAS VERSCHWINDEN DER STEPHANIE MAILER“


Während die Kleinstadt Orphea im Juli 1994 auf die Eröffnung ihres ersten Theaterfestivals wartet, wird der Bürgermeister samt Ehefrau, und Sohn sowie eine zufällige Zeugin ermordet. Die erfolgreiche Ermittlung des Schuldigen wurde dann der erste große Erfolg des jungen Jesse Rosenberg und seines ebenfalls neuen Kollegen.
Nun im Sommer 2014 will Rosenberg, inzwischen zum Captain aufgestiegen und mit dem Spitznamen „der 100-Prozentige“ bedacht, weil er seine sämtlichen Fälle lösen konnte, mit gerade 45 Jahren in den Vorruhestand gehen. Tage vor der Verabschiedung erscheint jedoch Stephanie Mailer, Nachwuchsjournalistin bei der örtlichen Zeitung, und behauptet, er sei nur ein 99-Prozentiger.
In jenem ersten Fall vor 20 Jahren habe es einen gravierenden Fehler gegeben und der wahre Täter laufe noch immer frei herum. Details will die junge Dame noch nicht verraten, doch dann ist sie spurlos verschwunden. Und danach heißt auch der Titel von Joel Dickers jüngstem Roman „Das Verschwinden der Stephanie Mailer“.
Diese Idylle in den Hamptons, dieser Kleinstadt mit ihren illustren wohlhabenden Dauergäste aus dem gar nicht fernen New York und mittendrin ein unentdeckter brutaler Mörder?! Da muss Rosenberg – der in dem Wechselspiel der Zeitebenen und Erzählperspektiven immer wieder als Ich-Erzähler fungiert – erst einmal seine Verabschiedung warten lassen, Stattdessen setzt ein packendes Puzzlespiel mit einer Vielzahl von Verdächtigen und falschen Fährten ein.
Aufgeputscht wird das einmal mehr durch Stephanie Mailer, als sie nämlich ertrunken im Deer Lake entdeckt. Ein Unfall aber war das nicht. Rosenberg und vor allem seine sehr unkonventionelle Kollegin Anna zermartern sich das Hirn und die Zeit drängt auch aus einem ganz anderen Grund: in wenigen Tagen steht das nächste Theaterfestival an.
Mehr darf hier aus naheliegenden Gründen nicht verraten werden, nur so viel: das Ganze vibriert vor überraschenden Wendungen, die jedoch am Ende schlüssig aufeinander zu laufen. Ohnehin liegt der hohe Lesegenuss dieses Hochspannungsromans in der brillanten Komposition durch den Schweizer Bestsellerautor mit dem fundierten Faible für amerikanische Schauplätze.
Da mögen die Charaktere auch ein wenig mit dicken Strichen gezeichnet sein, doch hier gilt, dass es sich weniger um hohe Literatur als um bis zuletzt absolut fesselnde Unterhaltungslektüre handelt.

# Joel Dicker: Das Verschwinden der Stephanie Mailer (aus dem Französischen von Amelie Thoma und Michaela Meßner); 670 Seiten; Piper Verlag, München; € 25

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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