HARLAN COBEN: "IN SEINEN HÄNDEN"

Harlan Coben zählt in den USA längst zur Spitze der aktuellen Krimi-Autoren. Völlig zu recht, wie sein jüngster Thriller "In seinen Händen" belegt, der von Beginn an eine unentrinnbare Sogwirkung entwickelt. Schon der Prolog, von Sozialarbeiter Dan Mercer gesprochen, verkündet Unheil.

Ein Teenager hatte ihn zu sich ins Haus gerufen, dort aber wartet Wendy Tynes mit ihrem Fernsehteam auf ihn. Ihre Spezialität ist die Enttarnung von Pädophilen und die Anruferin war erst 13. Mercers Unschuldsbekundungen nützen nichts, die Sendung ruiniert sein Leben. Als dann auch noch die 17-jährige Haley spurlos verschwindet, wird der mutmaßliche Unhold sogar als mutmaßlicher Kinderschänder ermordet.

Als Wendy Tynes in diesem Zusammenhang aus dem Job fliegt, beginnt sie in Mercers Vergangenheit zu recherchieren und von seinen alten Freunden glaubt niemand, dass er pädophil war. Um so weniger glaubt Wendy an einen Zufall, als sie darauf stößt, dass auch mehrere von Mercers Studienkollegen aus Princeton in jüngster Zeit durch Skandale in den Ruin getrieben worden sind. Das führt die zähe Enthüllungsjournalistin aber auch weg vom Pädophilenfall und in ganz andere Bahnen übler Verstrickungen.

Ohne zu viel von dem rasanten psychologischen Krimi zu verraten, sei betont, dass Vorverurteilungen eine große Rolle spielen. Der Leser wird dabei von immer neuen Wendungen gefesselt, die trotz manch atemberaubender Sprünge konsequent und glaubhaft sind. Das Ganze ist raffiniert und komplex komponiert und entwickelt sich zur Geschichte eine großen Rache. Der Stil ist schnell und rau, aber ganz und gar angemessen, wobei vor allem die Dialoge eine Klasse für sich sind.

Fazit: auch anspruchvollste Krimi-Freunde finden hier ein großartiges Lesevergnügen und absolut filmreif ist der Roman obendrein.

# Harlan Coben: In seinen Händen (aus dem Amerikanischen von Gunnar Kwisinski); 445 Seiten, Klappenbroschur; Page & Turner Verlag, München; € 14,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)