JEREMY BLACK (Hrsg.): "DIE KRIEGE DES 20. JAHRHUNDERTS"

"Der grundlegende Charakter kriegerischer Konflikte ändert sich nicht. Immer geht es darum, dem Gegener den eigenen Willen aufzuzwingen, und zwar mit militärischer Gewalt." Mit dieser Feststellung leitet Jeremy Black den von ihm herausgegebenen Textbildband "Die Kriege des 20. Jahrhunderts" ein.

Der britische Militärhistoriker widerlegt wie die ebenso renommierten Verfasser der insgesamt 14 großen Kapitel darin die Mär von den "neuen" oder "asymmetrischen" Kriegen. Belegt wird vielmehr, dass sich lediglich die Mittel zur Kriegsführung und vielfach auch die Strukturen und die Zusammenhänge verändert haben. Deutlich wird auch, mit welch richtungsweisenden Fanalen das von verheerenden kriegerischen Auseinandersetzungen geprägte letzte Jahrhundert sich bereits vorm Ausbruch des ersten Weltenbrandes präsentierte.

Hinein ging es mit dem Burenkrieg (1899-1902), zwar eher randständig, doch mit einer später zu unheilvoller Berühmtheit gelangenden Spezialität: den ersten Konzentrationslagern. Konkret wegweisend dann der russisch-japanische Krieg von 1904/05 - schonungslose Offensive überwindet überlegene Truppenstärke, schwere Geschütze auf großen Schiffen und geballte Seemacht sorgen für den Sieg der aufstrebenden Japaner. Die Schlachtschiffgiganten entstehen, das Maschinengewehr beginnt seinen Siegeszug und in den Balkankriegen kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs kommen dann erstmals auch Flugzeuge zum noch bescheidenen Kriegseinsatz.

Im Weltkrieg jedoch Stellungskrieg statt Hurra-Eroberungen, als neue bald aufstrebende Waffengattung erzeugen dafür die ersten alliierten Panzer für Schrecken auf deutscher Seite, wogegen die kaiserliche U-Bootflotte bereits andeutet, wie kriegsentscheidend sie werden könnte. Doch auch in den Jahrzehnten zwischen den Weltkriegen war Frieden eher die Ausnahme. Waren es in den 20er Jahren u.a. der russisch-polnische und der griechisch-türkische Krieg sowie erste größere Kolonialaufstände, probten die neuen Diktatoren Europas in den 30er Jahren in Spanien und Abessinien für den ganz großen Waffengang.

Für die Ereignisse von 1939 bis 1945 kommen dann wegen des Umfangs zwei Autoren zu Wort, um sich dem europäischen und dem pazifischen Schauplatz zu widmen. Doch auch der See- und der Luftkrieg erhalten ihr eigenes Kapitel und es zeigen sich erneute Entwicklungssprünge. So gibt es ein Schlachtschiffsterben, denn neben den U-Booten beherrschen jetzt Flugzeugträger den Seekrieg.

Am Himmel bestimmen nun nicht mehr vorrangig die Jäger das Geschehen sondern vielmehr die Bomberflotten, während die Aufklärer ihre Bedeutung bis in die Gegenwart ausbauen konnten. Kam im Ersten Weltkrieg das Funken zunehmend auf, werden der Funk und noch mehr das Radar im Zweiten Weltkrieg gar zu kriegsentscheidenden Entwicklungen. Zugleich stellen Volksaufstände und Bürgerkriege vom chinesischen Langen Marsch über Frankreichs Kolonialkriege um Indochina und Algerien bis in die modernen Anti-Terrorkriege selbst hochgerüstete Streitkräfte vor oft unlösbare Probleme - nicht, weil sie "neu" oder "asymmetrisch" sind sondern schlicht unkonventionell geführt werden.

Wenn der Bogen im Übrigen bis in das Jahr 2010 reicht mit einem kurzen Abriss des Herausgebers über kriegerische Konflikte der letzten Jahre, so ist dies durchaus konsequent, denn im Original lautete der Titel "War since 1900". Als ebenso konsequent muss man aber auch akzeptieren, dass die Autoren sich weitgehend auf die militärhistorischen Aspekte beschränkt haben und politische Auswirkungen meist außen vor bleiben.

Alles Andere jedoch hätte den Band gesprengt, der so dank seiner klaren Übersicht, seiner sachlichen Ausführungen und einer allgemein verständlichen Ausdrucksweise als hervorragend bezeichnet werden darf. Die Fülle und die Qualität der Abbildungen wie auch zahlreicher Infokästen ist ebenfalls beeindruckend und es bleibt das Fazit: dieses Werk wird nicht nur jeden interessierten Laien begeistern.

 

# Jeremy Black (Hrsg.): Die Kriege des 20. Jahrhudnerts (aus dem Englischen von Michael Haupt und Michael Epkenhans); 288 Seiten, ca. 300 Abb., Großformat; Primus Verlag, Darmstadt; € 39,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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