DIRK STERMANN: „6 ÖSTERREICHER UNTER DEN ERSTEN 5"

Schon Karl Kraus stellte einst fest, dass nichts Deutsche und Österreicher mehr trennt als die gemeinsame Sprache. Das muss Dirk Stermann bis auf den heutigen Tag erfahren, dabei lebt der 45-Jährige bereits seit 1987 in Wien. Eigentlich hatte er ohnehin gar nicht dorthin wollen, denn das war für den Duisburger doch eher was für die Oma.

Als er dann trotzdem zum Studieren an die Donau ging, tat er dies ohne konkrete Erwartungen, war aber um so erstaunter, wie sehr offenbar jeder Österreicher eine Meinung zu den Deutschen hat. Und was allein ein Zauberwort wie Cordoba vermag – in dieser argentinischen Stadt schaffte die Nationalelf 1978 jenes legendäre 3:2 gegen die BRD, mit der sie diese aus der Fußball-WM warf. Wie herausragend die relativ seltenen Siege gegen die „Piefkes" in Ehren gehalten werden, erstaunt den längst als Kabarettisten und Moderator in seiner Wahlheimat arrivierten noch heute.

Und diese spezielle Art der Begeisterung über die gar nicht so häufigen sportlichen Welterfolge prägten nun auch den Titel seines Wien-Romans „6 Österreicher unter den ersten 5". Wobei der Untertitel die Richtung vorgibt: „Roman einer Entpiefkenisierung", wenngleich das Ganze nicht nur sehr starke autobiographische Züge hat und seinen verrückten Spaß eher aus einer Vielzahl Episoden voller Absurditäten und austriakischer Skurrilitäten bezieht.

Wunderliche, schräge und oft genug saukomische Charaktere hat Stermann dazu versammelt bis hin zum städtischen Beamten, der jeden deutschen Sesselpupser in seiner speziell wienerisch heimtückischen Sperrigkeit vor Neid erblassen lässt. Wie von selbst stolperte Stermann seinerzeit in einen Job beim ORF, erlebt seither Wunderliches mit dem chaotischen Architekten Spön oder dem aus Ostfriesland eingewanderten Feuerwehrmann Frank. Über den herbe Seitenhiebe gegen die bayerische Botschaft eingestreut werden, denn eine deutsche gibt es dank entsprechenden Personals nicht wirklich.

Ein herrliches Panoptikum mit realsatirischen Verhaltensweisen voller anarchischen Nonsens tut sich auf und immer wieder wird das Zwerchfell gereizt, so bissig, unverblümt und mit dem ein oder anderen Schlenker an den Rand des guten Geschmacks schildert der Wien-Lehrling, was es heißen kann, sich als Piefke in Österreich integrieren zu wollen. Selbst das Liebesleben bis hin zu Partnerin Sophie hat da zuweilen schwarzhumorige Züge und diesen abgründigen Wiener Schmäh.

Wer grantigen Humor zu schätzen weiß, wird begeistert sein. Und wer da meint, das Alles sei ziemlich derb erfundener Kokolores, dem sei ein Blick auf die Bestsellerlisten empfohlen – die Österreicher lieben das Buch so sehr, dass es dort auf Platz 1 landete! Ganz nebenher kann es als veritabler Reiseführer beim nächsten Urlaub im Alpenland dienen, wenngleich vielleicht nicht alle Österreicher sind wie die Wiener...

 

# Dirk Stermann: 6 Österreicher unter den ersten 5. Roman einer Entpiefkenisierung; 267 Seiten, Klappenbroschur; Ullstein Verlag, Berlin;

€ 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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