STEPHANIE COOKE: „ATOM"

Mit dem Manhattan-Projekt zur Entwicklung der Atombombe begann während des Zweiten Weltkriegs das Atomzeitalter. Nach dem folgenschweren Einsatz über Japan folgte der naive Fortschrittsglaube, der auf eine saubere, preiswerte und unerschöpfliche Energiequelle hoffte, während zugleich ein beängstigendes Atomwettrüsten für eine vielfältige Overkillkapazität zur Vernichtung der gesamten Erde einsetzte.

In ihrem nach jahrelangen Recherchen verfassten Buch „Atom. Die Geschichte des nuklearen Zeitalters" legt die amerikanische Wissenschaftsjournalistin Stephanie Cooke die militärische und die zivile Nutzung als siamesische Zwillinge offen. Klar, sachlich und kein bisschen sensationslüstern beschreibt sie die Entwicklungen vom Bombenbau, weil die Nazis vermeintlich daran arbeiteten, über die nukleare Hochrüstung bis hin zu den Atomkatastrophen von Harrisburg und Tschernobyl.

Es sind teils abenteuerliche Zusammenhänge, die die Autorin auf der Grundlage umfangreichen Faktenmaterials beschreibt. So entstand die „friedliche" Nutzung der Kernenergie maßgeblich, weil sie wichtige Nebenprodukte wie waffenfähiges Plutonium abwirft. So wie sie hier wegen der Geheimhaltung vieles gar nicht berichten kann, lassen jedoch auch bereits manche unterdrückte Kenntnisse von „Vorkommnissen" und Schlampereien bei der zivilen Nutzung schaudern.

Die exakte Schilderung der Tschernobyl-Katastrophe von 1986 erschütterte den Glauben an die unerlässliche hundertprozentige Sicherheit von AKW angesichts technischer und menschlicher Fehler und Schwächen, von der bis heute ungeklärten Frage der Endlagerung hochradioaktiven Atommülls ganz abgesehen. Stephanie Cooke redet dabei keineswegs irgendwelchen Verschwörungstheorien das Wort sondern lässt nüchterne Fakten sprechen.

Das allein aber hat Gänsehautpotenzial, zumal sie ausgesprochen anschaulich und spannend zu schreiben versteht. Dabei gelingen ihr thrillerhafte Kapitel wie die Geschichte um Israels Atomrüstung. Fazit: ein Buch der realen Ungeheuerlichkeiten, glaubwürdig verfasst und gerade deshalb besonders wichtig.

 

# Stephanie Cooke: Atom. Die Geschichte des nuklearen Zeitalters (aus dem Amerikanischen von Hans Günter Holl); 592 Seiten; Kiepenheuer & Witsch Verlag, Köln; 24,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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