DEON MEYER: „DREIZEHN STUNDEN"

Deon Meyer zählt zu den besten Krimi-Autoren Südafrikas und mit „Dreizehn Stunden" legt er erneut ein Meisterwerk des Genres vor. Um 5:37 Uhr wird Inspector Benny Griessel vom Telefon aus dem Schlaf gerissen: eine junge Weiße wurde mit durchschnittener Kehle gefunden. Und da sie sich als US-Touristin erweist, ist ärgerliches Aufsehen vorprogrammiert.

Während der alte Haudegen bald auch noch zu einem anderen Mordfall gerufen wird, bei dem ein berühmter Musikproduzent offenbar von seiner alkoholkranken Frau erschossen wurde, wird der Leser längst auf eine noch viel spannendere Fährte gelockt. Die 19-jährige Rachel Anderson wird gnadenlos durch Kapstadt gehetzt und sie weiß, was ihr droht, denn sie hat mit eigenen Augen ansehen müssen, wie die andere Touristin, ihre Freundin Erin, ermordet wurde.

In einer grandiosen Hochspannungsdramaturgie wird diese Jagd auf das Mädchen immer wieder geradzu hautnah und ungefiltert aus ihrer Sicht eingeschoben. Wobei das Motiv der Jäger lange im Dunkeln bleibt, jedoch selbst bei der Polizei verwundert, dass es sich um eine Gruppe aus Schwarzen und Weißen handelt, wo doch auch im gegenwärtigen Südafrika die Kulturen und Rassen selbst beim Verbrechen noch immer getrennte Wege gehen.

Diese Spannungen einer Gesellschaft im Umbruch spielen ohnehin eine tragende Rolle in diesem exzellent ausgeleuchteten Roman. Griessel mit seinen 25 Dienstjahren wartet immer noch auf seine Beförderung, nun soll er aber immerhin als Mentor die jungen schwarzen Kollegen anleiten. Manche wie Vusuzumi Ndabeni akzeptieren seine Rolle, andere wie Fransman Dekker nicht. Und diese Gemengelage wirkt in die beiden verworrenen Fälle hinein. Wenn dann Rachel ebenso von der Polizei gejagt wird wie ihre Häscher, sie sich aber niemandem anvertrauen will, weil sie auch vor der Polizei – nicht von ungefähr – gewarnt wurde.

Griessel schwankt in diesen getriebenen 13 Stunden immer wieder zwischen Resignation und Aufbegehren, denn er sehnt sich nach seiner Frau, die ihn wegen seiner Sauferei vor fast sechs Monaten hinausgeworfen hat. Seither ist er trocken geblieben und nun will sie ihn treffen, um über ihre Zukunft mit ihm zu sprechen. Und dann wird Rachel von den Häschern aufgespürt, doch dass sie nicht sofort umgebracht wird, verdankt sie einem verräterischen Video, das einer ganzen Organisation gefährlich werden könnte – und nur sie weiß, wo es ist.

Wenn es bei stetig steigender Spannung schließlich zu einem packenden Showdown kommt, ist überraschenderweise aber nicht der Schluss erreicht, denn nun öffnen sich noch ganz andere Dimensionen, die zeigen, dass hier wahrlich keine Kleinganoven am Werke sind. Mehr sei von diesem hochklassig komponierten Krimi nicht verraten, der quasi nebenher unterschwellig ein authentisches Bild von der gesellschaftlichen Gegenwart des neuen Südafrika einfließen lässt. Deon Meyer fesselt dabei bis zuletzt mit seinen treffsicheren Charakterzeichnungen und der schnörkellosen Sprache.

 

# Deon Meyer: Dreizehn Stunden (aus dem Afrikaans von Stefanie Schäfer), 470 Seiten; Rütten & Loening, Berlin; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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