RAINER M. SCHRÖDER: „DIE MEDICI-CHRONIKEN"

Der Tag, an dem der große Cosimo de Medici eigentlich einem Attentat zum Opfer fallen sollte, bedeutet auch für den etwa 17-jährigen Sandro Fontana eine Wende in seinem Leben. War er bislang unstet von Ort zu Ort gezogen, gelingt es ihm dadurch, dass er Cosimo rettet, in der prachtvollen Handelsstadt Florenz eine Lehrstelle in einer Wollmanufaktur der Medicis zu bekommen und dort sesshaft zu werden.

Mitten in das aufstrebende Florenz der Renaissance führt Jugendbuchautor Rainer M. Schröder in seinem jüngsten historischen Roman „Die Medici–Chroniken" und dieser Band mit dem Untertitel „Hüter der Macht" ist der Auftakt zu einer ganzen Trilogie. Cosimo de Medici baut das Handels- und Bankhaus seiner Familie zielstrebig zur ersten Adresse nicht nur in Florenz, sondern in ganz Italien aus. Unumstritten sind die Medicis zu diesem Zeitpunkt allerdings noch lange nicht. Gleich mehrere Patrizierfamilien bekämpfen die Medicis mit harten Bandagen und selbst Kriege mit anderen oberitalienischen Städten werden in diesem Machtkampf zwischen den Familien instrumentalisiert.

Im Jahr 1433 eskaliert der Konflikt, als überwiegend Anhänger der Familie Albizzi in das Stadtparlament, die sogenannte Signora, zugelost werden. Cosimo wird zunächst verhaftet, dann aus Florenz verbannt. Erst 1434 wird Cosimo zurückgerufen und kann die Position seiner Familie in der Stadt festigen und ausbauen.

Im Vorfeld dieser Wirren schafft es Sandro, eine Karriere vom Lehrling in der Wollmanufaktur bis an die Seite Cosimos zu machen. Völlig hoffnungslos ist jedoch seine beginnende Liebe zu dem Sklavenmädchen Tessa, dem er auf dem Weg nach Florenz begegnet und das er dort wiedertrifft. Tessa ist von der Familie Vasetti als Zofe für die Tochter gekauft worden und besitzt weder irgendwelche Rechte noch Freiheiten. Selbst als Sandro es sich leisten könnte, sie freizukaufen, wird ihm das verweigert, weil er sich an die Medici gebunden hat.

Auch die dunkle Seite der Geschäftspraktiken der Medici, verkörpert durch Cosimos Cousin Averardo, lernt er kennen. Während nach außen der Grundsatz gilt: Gib dich in Kleidung und Lebensführung bescheiden und wende dich nie gegen den Willen des Volkes, wird hinter den Kulissen buchstäblich mit allen Mitteln um Macht, Einfluss und Reichtum gerungen. Sicher nicht zufällig lässt Rainer M. Schröder seine Protagonisten Sätze sagen wie: „Wir haben ihm ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte." Und natürlich wird auch von Sandro bedingungslose Loyalität dem Haus Medici gegenüber verlangt.

Mit den Auseinandersetzungen um die Herrschaft in Florenz wird auch Sandro vor die Wahl gestellt, sich zwischen seiner Herrschaft und seiner Liebe zu entscheiden. Den Ausgang dieses Konflikts hier zu verraten, würde dem Roman einen Großteil seiner Spannung nehmen.

 

Florenz Anfang des sechzehnten Jahrhunderts: Die Stadt steht in voller Blüte, der berühmte Baumeister Filippo Brunelleschi baut den Dom Santa Maria del Fiore mit seiner eindrucksvollen Kuppel und in den führenden Familien der Stadt ist der Aufbruch in eine neue Zeit spürbar. Dass die Medici sich zu einer Familie entwickeln werden, wie sie in ihrer Machtfülle ganz Europa bis heute einmalig geblieben ist, kann zu dieser Zeit nur geahnt werden.

Anschaulich und von der ersten Seite an packend schildert Schröder das Leben in der Stadt der Medici aus der Sicht Sandros. Auch wenn Cosimo detailliert beschrieben wird, erhebt der Autor nicht den Anspruch, eine Biografie zu liefern. Dazu ist die Figur des Cosimo in der historischen Forschung zu unklar und umstritten. Ein historischer Roman, gut recherchiert und geschrieben rund um reale Ereignisse, nicht mehr aber auch nicht weniger ist dieses Buch. Auch wenn die Figuren des Sandro und der Tessa ein wenig zu gut, ein wenig zu edel dargestellt sind, hat der Roman die Qualität, dass man ihn in einem Zug durchlesen möchte.

 

 

# Rainer M. Schröder: Die Medici–Chroniken. Hüter der Macht; 551 Seiten; Arena Verlag, Würzburg; € 19,95

ATTO IDE

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