NEIL DANIELS: „ROBERT PLANT"

Über die Superband „Led Zeppelin", über deren genialen Manager und über die Bandmitglieder gibt es längst Biogrqaphien, nur fehlte eine solche bisher ausgerechnet zum charismatischen Sänger und Songschreiber Robert Plant. Dies war um so erstaunlicher, als der ja auch nach dem abrupten Ende der Band im Jahr 1980 eine vielfältige Karriere mit zahlreichen Höhepunkten erlebte und auch mit über 60 Jahren noch immer sehr aktiv ist.

Nun aber liegt endlich auch zu dieser Ausnahmepersönlichkeit der Rock-Geschichte ein Buch vor und es heißt bewusst „Robert Plant. Led Zeppelin, Jimmy Page & Die Solojahre". Verfasst hat es der englische Musikjournalist Neil Daniels und während das Cover noch von einem umfassenden Buch über den Musiker spricht, nennt er selbst es eine Rock-Biographie. Das hätte er besser unterlassen, denn schon als Buch über die Musikerkarriere Plants weist es allerhand Mängel auf, als Biographie aber ist es schlichtweg eine Enttäuschung.

Das Ärgernis beginnt bereits mit der Einleitung mit wenig fundierten Platitüden über die Stellung und Bedeutung Plants für die Rock-Musik und wenn der junge Autor dann „komplizierte Details seines Lebens und seiner Arbeit" ankündigt, bleibt er genau das weitgehend schuldig. Am privatesten wird das Buch noch im Kapitel über Kindheit und Jugend Plants – und zugleich am ärgerlichsten, denn vieles wirkt hingeschludert. Oder gar dämlich, wenn Daniels z.B. ausführt, Plants Eltern sei schnell klar geworden, dass das kluge und kreative Kind irgendwann einmal „zu den örtlichen Bohemiens gehören" werde – was immer das wohl hätte sein sollen.

Doch auch die aufgeführten Fakten geben einen falschen Eindruck von Plants Herkunft. Einerseits werden seine Eltern als so wohlhabend beschrieben, dass sie sich täglich eine warme Mahlzeit leisten konnten, andererseits wird Kidderminster, wo Plant aufwuchs, als kleine ländliche Gemeinde nahe der Grenze zu Wales bezeichnet – Robert Plant also aufgewachsen als Landei?! Der Autor hat offenbar nicht mal einen Blick auf eine Landkarte geworfen, denn das seit weit über 100 Jahre für seine Teppich-Industrie bekannte Kidderminster ist eine Stadt von gut 50.000 Einwohnern, und zwar in den West Midlands im Herzen Englands! Wo es übrigens gerade in Plants Jugendjahren eine rege Rock-Szene gab, die u.a. Bands wie „Bronco" und „Chicken Shack" hervorbrachte.

Peinlich sind aber auch Einlassungen wie über das „kriegszerrissene Britannien" der frühen 60er Jahre – von welchem Krieg bitte? Oder die Deutungen der Sklaverei als Auslöser des Blues, die von Wissen kaum berührt erscheinen. Besser wird es erst, wenn die verschiedenen Karriere-Abschnitte mit und nach „Led Zeppelin" geschildert werden. Doch man ist nach den bisherigen Schludereien verunsichert, wie weit man auf den Wahrheitsgehalt vertrauen kann. Oder klarer ausgedrückt: Daniels schreibt glaubhafter, wo er von anderen Autoren zitieren kann.

Das hat er reichlich getan, Zweifel erweckt er dennoch immer wieder durch das oft gebrauchte schwammige „irgendwie", denn die Abgrenzung zwischen Fakten, Mutmaßungen und subjektiver Meinung sind arg fließend. Ein ganz großes Manko wird bei all den Interviews, die der Autor angeblich persönlich mit Zeitzeugen geführt hat, überdeutlich – mit Robert Plant selbst hat er ganz offensichtlich noch nie eine Wort gesprochen. Das erklärt wohl auch, dass man selbst über solch einschneidende Erlebnisse in Plants Leben wie den schweren Autounfall von 1975 oder den Tod des Sohnes 1977 nicht mehr erfährt, als hinlänglich aus anderen Quellen bekannt ist.

Als Karriereübersicht mit den vielen interessanten Stationen bis hin zu Bandprojekten, Aufnahmesessions und Tourneen wirkt das Alles wie eine Fleißarbeit von großer Sammelwut, allerdings mit eingeschränkter Faktengarantie. Die Bezeichnung Biographie dagegen wäre hochtrabend und würde Robert Plant als einem der größten kreativen Performance-Künstler der Rock-Geschichte in keiner Weise gerecht. Fazit: dieses Buch enttäuscht fast alle Erwartungen und kann allenfalls eingefleischten Fans als grobes Faktenkompendium dienen, zumal dann auch die schwache Übersetzung nicht mehr viel ausmacht.

 

# Neil Daniels: Robert Plant. Led Zeppelin – Jimmy Page – Die Solojahre (aus dem Englischen von Katrin Höfer und Eckhard Schwettmann); 347 Seiten, div. SW-Fotos, Broschur; Hannibal Verlag, Höfen; € 17,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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