ROLF HAMMEL-KIESOW u.a.: „DIE HANSE"

Was eigentlich war die Hanse? Der Zusammenschluss von Kaufleuten zur Absicherung ihrer Handelswege? Der Vorläufer einer modernen kapitalistisch geprägten Gesellschaft in einer mittelalterlichen Welt? Ein frühes Vorbild für ein vereintes Europa? Oder gar ein Beispiel für die vieldiskutierte Globalisierung? Diesen Fragen gehen Rolf Hammel–Kiesow, Matthias Puhle und Siegfried Wittenburg in ihrem aufwändig gestalteten Sachbuch „Die Hanse" nach.

Von den Anfängen der Hanse als Fahrtgemeinschaften einzelner Kaufleute über die Stadtentwicklung im Mittelalter bis hin zur Ausprägung eines Handelssystems, das Städte in ganz Europa einbezog und Beziehungen über den Kontinent hinaus unterhielt bis zum Niedergang der Hanse und der Würdigung ihres Erbes reicht die Darstellung. Fundiert und wissenschaftlich untermauert stellen die Autoren ein Geflecht von Beziehungen und Konflikten dar, in dem es den Hansestädten über Jahrhunderte hinweg gelang, ein Handelssystem über Stadt- und Landesgrenzen hinweg zum Vorteil aller Beteiligten aufrecht zu erhalten.

Detailliert gehen sie auf rechtliche, politische und wirtschaftliche Gegebenheiten ein. Dabei zeigt sich, dass die Hanse, die nie eine feste politische Einheit mit etwa einem eigenen Territorium war, sich gerade durch ihre Flexibilität immer wieder in der Lage erwies, sich neuen Gegebenheiten anzupassen und so dauerhaft erfolgreich zu agieren.

In 16 Einzelportraits einzelner Hansestädte arbeiten die Experten beispielhaft die individuelle Rollenverteilung der Städte im ‚Konzert der gesamten Hanse’ heraus. Von Soest über Visby, Wismar, Lübeck, Hamburg, Bremen bis hin zu Danzig, Reval und Thorn werden nur einige Hansestädte vorgestellt.

An dieser Stelle muss auch der Beitrag von Fotograf Siegfried Wittenburg zu diesem Buch gewürdigt werden. Seine Aufnahmen, Karten und Grafiken machen das Buch über den informativen Text hinaus zu einem Hochgenuss auch für das Auge. Eine Vielzahl von Fotos mit Ansichten der Hansestädte, historischen Karten, künstlerischen Darstellungen aus dem Leben und der Arbeit der Kaufleute sowie umfangreiches Kartenmaterial zu Hansestädten und Handelswegen beantworten schon für sich allein die Frage nach der Bedeutung und dem kulturellen Erbe der Hanse. Darüber hinaus machen die bildlichen Darstellungen das Buch auch für den historisch interessierten Laien zu einem optischen Genuss.

Natürlich ist auch dem absoluten Erfolgsmodell der Hanse, der Kogge, ausgiebig Platz gewidmet. Detailliert arbeiten die Autoren heraus, wie sich, wohl aus den Schiffen der Wikinger, die Kogge herausbildete und diese während der gesamten Zeit der Hanse immer wieder an die Erfordernisse der Zeit angepasst wurde. Wie effizient Handel mit diesen robusten Schiffen zu treiben war zeigt der Vergleich zum Landtransport. Ein Schiff konnte mit sehr geringer Mannschaft große Mengen Waren schnell und relativ sicher preiswert von A nach B bringen. Der Landweg war vergleichsweise langsam, personalaufwändig und obendrein gefährlicher.

Dass auch die Seewege im Mittelalter nicht sicher waren, weiß jeder, der schon einmal den Namen Klaus Störtebeker gehört hat. In diesem Zusammenhang geht es den Autoren allerdings eher darum, die Erkenntnisse verbürgter historischer Forschung von den vielfachen Legenden zu trennen. Bis zur Zerstörung der Sibetsburg im heutigen Wilhelmshaven im Jahre 1435 verfolgen sie den Kampf der Hansestädte gegen diese Vitalienbrüder genannten Seeräuber.

Eine Gesamtdarstellung zu einem großen Thema europäischer Geschichte, das – reich illustriert – kaum Wünsche offen lässt. Die Autoren Professor Dr. Rolf Hammel–Kiesow und Professor Dr. Matthias Puhle sind ausgewiesene Spezialisten für Stadtgeschichte des Mittelalters und die Geschichte der Hanse. Beide sind Mitglieder im Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins und haben bereits zahlreiche Publikationen zu diesem Thema vorgelegt.

# Rolf Hammel–Kiesow, Matthias Puhle, Siegfried Wittenburg: Die Hanse; 203 Seiten, 120 farbige Abb. Großformat; Primus Verlag, Darmstadt; € 39,90

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