JOY FIELDING: „IM KOMA"

Joy Fielding ist eine Klasse für sich und auch ihr neuer Psychothriller geht wieder tief unter die Haut. Man stelle sich einmal vor, man liegt bei wachem Verstand im Koma und erfährt, dass einem nicht etwa die Genesung sondern der möglichst baldige Tod gewünscht wird und dann raunt eine Stimme ins Ohr: „Bald ist es vorbei." Diese schaurige Situation trifft die wohlhabende Innendesignerin Casey Marshall, Anfang 30, als sie nach einem bösen Unfall aufwacht.

In der Tiefgarage hat sie ein Auto angefahren und nun liegt sie seit Wochen im Krankenhaus. Aus einer wunderbar heilen Welt mit geliebtem Mann und Kinderwunsch wurde sie in einen Albtraum geschleudert, denn – nur ihr Verstand wacht auf. Sie kann normal hören, der Rest des Körpers aber bleibt im Koma. Und als wäre die entsetzliche Ungewissheit, ob es irgendwann ein umfassendes Wiedererwachen geben wird, nicht schon schlimm genug, dann eines Tages der niederträchtige Schock, als eine ihr bekannte Stimme an ihrem Bett sagt: „Warum konntest du nicht einfach sterben, als du es solltest?"

Obendrein werden offen Gespräche mit dem Personal geführt, ob und wann die Überlebensapparate für den hoffnungslosen Fall abgestellt werden sollten. Oder wird der Mörder seinen Auftrag endgültig erledigen, denn er ist in ihrer Nähe... Hier liegt die ständig steigende Spannung vor allem darin, dass alles aus Caseys absolut eingeschränkter Sicht erzählt wird. Zugleich erinnert sich die Verzweifelte an ihre unerfreuliche Kindheit mit einer egozentrischen Alkoholikerin als Mutter und einem Vater, der ständig anderen Frauen nachstieg. Und nach diesen schweren Zeiten folgte das Glück mit dem charmanten Warren, ihr beruflicher Erfolg und die hoffnungsvollen Zukunftsträume.

Das Infame, das ihr geschieht, schlägt in den Bann. Man sucht nach dem Motiv und – einem Ausweg. Das ist wie stets mit großer Meisterschaft geschrieben und mit raffiniertem Kalkül absolut filmreif aufgebaut. Fazit: Spannungslektüre vom feinsten mit manch starken Gänsehauteffekten.