MICHAEL CRICHTON: „GOLD - PIRATE LATITUDES"

Als der Erfolgsautor Michael Crichton im November 2008 recht plötzlich verstarb, wusste man, dass er an einem neuen Techno-Thriller arbeitete. Um so größer war die Überraschung, als man auf dem Computer des Multitalents einen abgeschlossenen Abenteuerroman fand. Wie schon beim Welterfolg „Der große Eisenbahnraub" (1979 mit Sean Connery verfilmt) handelt es sich auch hier um ein historisches Thema, nämlich eine Piratengeschichte.

Gold – Pirate Latitudes" heißt das Werk, das in die Hochzeiten der Freibeuter in der Karibik im 17. Jahrhundert führt. Ganz im Kielwasser der großen alten Filme wie „Der Rote Korsar" geht es um den dauernden Gegensatz zwischen Engländern und Spaniern, wobei die frühen Piraten häufig im Dienste der englischen Krone handelten und mit entsprechenden Kaperbriefen ausgestattet waren. „Gold" spielt im Jahr 1665 und während die Spanier nicht nur den größten Teil Mittel- und Südamerikas sondern auch fast die gesamte Karibik als Kolonien mit massiver Militärpräsenz beherrschen und ausbeuten, versetzen ihnen die englischen Kaperkapitäne peinigende Nadelstiche.

In Port Royal auf Jamaika, einer der wenigen englischen Kolonien jener Zeit, amtiert Sir James Almont als Gouverneur. Die Stadt gilt dank der erbeuteten spanischen Schätze als eine der reichsten der Welt, aber auch als eine der sittenlosesten. Zu den erfolgreichsten Freibeutern seiner Majestät zählt Captain Charles Hunter, ein ebenso intelligenter wie charismatischer Schiffsführer. Und er hat die volle und natürlich nicht ganz uneigennützige Rückendeckung des Gouverneurs, als er nun einen noch nie dagewesenen Coup ausheckt.

In einer tollkühnen Aktion wagt er das Unmögliche – in den Hafen der spanischen Festung Matanceros einzudringen und die mit riesigen Schätzen beladenen Galeone „El Trinidad" zu rauben. In Hunters Mannschaft stehen dazu die genretypischen Haudegen und Experten zum Besipiel für Sprengstoff, Nahkampf und Nautik – einschließlich einer einzigartigen Navigatorin – zur Verfügung. Sie geraten in die Hände des mordlustigen Capitans Cazalla und entkommen dennoch samt der Beute. Das Unmögliche ist gelungen, das eigentliche Abenteuer aber geht jetzt gerade erst richtig los!

Als Charles Hunter nach wilden Kämpfen, nach Verrat und Triumphen und lebensgefährlichen Begegnungen mit Naturgewalten schließlich ziemlich überraschend als gemeingefährlicher Pirat vor Gericht steht und nichts als das Todesurteil zu erwarten hat, ist selbst das noch nicht das Finale – das wird damit erst eingeläutet und hat noch einmal Dramatisches zu bieten. Und wenn das Alles auch bis auf nennenswerte erotische Szenen keine der unentbehrlichen Zutaten eines klassischen Piratenromans vermissen lässt und damit im besten Stinne altmodisch ist, so überzeugt es gleichwohl ganz und gar.

Die Meisterschaft dieser schnörkellos und spannend geschriebenen Geschichte liegt nicht zuletzt in dem exzellent recherchierten Zeit- und Lokalkolorit, das den Roman so authentisch macht. Ohne Umwege über die bei Crichton nicht selten ausschweifende Wissensvermittlung erzählt er die Geschichte zügig und zielorientiert. Und selbstverständlich einmal mehr so filmreif, dass sich sein langjähriger Freund Steven Spielberg, der auch seinen Welterfolg „Jurassic Park" verfilmte, umgehend die Filmrechte sicherte. Fazit: vielleicht keine große Literatur, aber ein herzhaftes Lesevergnügen wie in besten alten Zeiten dieses Genres.

 

# Michael Crichton: Gold – Pirate Latitudes (aus dem Amerikanischen von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann); 365 Seiten; Karl Blessing Verlag, München; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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