BERNARD CORNWELL: „DAS ZEICHEN DES SIEGES"

Bernard Cornwell zählt zu den renommiertesten Autoren historischer Romane. Mit seinem jüngsten Buch widmet sich der britische Autor einer der legendärsten Schlachten überhaupt: jener von Azincourt im Hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich. „Das Zeichen des Sieges" lautet der Titel und einmal mehr stellt Cornwell illustre Charaktere und einige historische Figuren in das authentische Geschehen.

Aus gutem Grund ist es hier Nicholas Hook, zwar aus einfachen Verhältnisse stammend, jedoch mit allen Qualitäten eines hervorragenden Bogenschützen gesegnet. Getrieben von einer blutigen Familenfehde, wird er sczum Geächteten, als er auch noch einen schandhaften Priester handgreiflich an einer Vergewaltigung zu hindern versucht. Seine Flucht führt den meisterhaften Beherrscher des mannshohen Langbogens in die Armee des englischen Königs Henry V. in Frankreich.

Dort hilft er 1414 als Verteidiger bei der Belagerung von Soissons und muss miterleben, wie die Stadt durch Verrat an die Franzosen fällt und diese ein unfassbares – historische belegtes – Gemetzel anrichten. Hook rettet dabei nicht nur die schöne Melisande vor der Schändung, er kann sich mit ihr bis zu bis zu Henrys Truppen durchschlagen und von den Gräueltaten berichten. Der junge Herrscher (1387-1422) beansprucht die französische Krone für sich und will dafür nun in die letzte entscheidende Schlacht ziehen.

Die Zeichen stehen jedoch nicht gut, denn erst rafft die Ruhr große Teile der stattlichen Armee hin und dann zieht sich der entbehrungsreiche Marsch auf das englisch besetzte Calais endlos hin, zumal den geschwächten Truppen stets eine gewaltige und bestens ausgerüstete feindliche Streitmacht folgt. Als die Schlacht schließlich beim Dorf Azincourt in der nordfranzösischen Picardie unausweichlich wird, könnten die Vorzeichen für das geschrumpfte englische Heer kaum schlechter sein: nur noch 6000 Mann zählt es und denen stehen 30.000 Mann siegesgewisser Truppen gegenüber.

Wohl niemand hat wirklich geahnt, welchen Ausgang dieser St. Crispins-Tag, der 25. Oktober 1415 (nach heutiger Kalenderrechnung der 4. November) nehmen würde, selbst der so unerschütterlich an den Sieg seiner gerechten Sache glaubende Henry V. nicht. Doch in dieser Schlacht waren drei Dinge ausschlaggebend und von ihnen zuvörderst die Zusammensetzung des englischen Heeres, denn den kaum 1000 Feldkämpfern standen 5000 Bogenschützen zur Seite – die es auf der Gegenseite übrigens nicht gab. Sie beherrschten die Kunst, einen Regen von tausenden von Pfeilen innerhalb von Minuten auf den Gegner abzuschießen und das mit erstaunlicher Kraft und Treffsicherheit. Aber auch das fatale taktische Fehlverhalten der Franzosen und das schlammige Schlachtfeld begünstigten das „Wunder von Azincourt". Doch Cornwell beschreibt nach dem blutrünstigen Schlachtgetümmel auch das nachfolgende Abschlachten der Gefangenen.

Ohnehin lässt die nüchterne Sprache, die ohne jede Verklärung oder urteilende Stellungnahme auskommt, auch die vielen sehr eingehenden Kampfszenen höchst authentisch wirken. Hinzu kommt die historische Genauigkeit einschließlich des Waffengebrauchs dank intensiver Recherche. Dieser Roman fesselt von Beginn an und zieht unentrinnbar tief in das Geschehen hinein. Düster, ausgesprochen gewalttätig mit erschreckend menschenverachtendem Zynismus geht es zu.

Das ist als Historienroman von großer Klasse, dennoch muss vor der Lektüre gewarnt werden: Cornwell schreibt außerordentlich realistisch und bei ihm wird die barbarische Brutalität der Kriegsführung explizit und ohne jede Verbrämung von vermeintlicher Ritterlichkeit geschildert. Fazit: ein Meisterwerk des Genres, aber ungemein harte Kost.

 

 

# Bernard Cornwell: Das Zeichen des Sieges (aus dem Englischen von Karolina Fell); 554 Seiten; Wunderlich Verlag, Reinbek; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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