AVA McCARTHY: „PASSWORT HENRIETTA"

Henrietta „Harry" Martinez hat aus der verbotenen Leidenschaft ihrer Teenagertage einen lukrativen legalen Hauptberuf gemacht: als Hackerin arbeitet sie für Lubra Security in Dublin. Ihre Aufgabe ist es, inkognito Sicherheitslücken in Datensystemen großer Firmen aufzuspüren. Aus dem spannenden Job wird jedoch unversehens eine lebensgefährliche Achterbahn, als Harry vor eine U-Bahn gestoßen wird und nur um Haaresbreite überlebt.

So rasant zieht die irische Autorin den Leser in ihren Debütroman „Passwort Henrietta", der von Beginn an der Genre-Einteilung Thriller vollauf gerecht wird. Der Killer aus der U-Bahn hatte Harry nämlich vor dem Stoß noch eine Botschaft ins Ohr geflüstert – es gehe um das Sorohan-Geld. Dabei handelt es sich nicht nur um stolze 12 Millionen Euro, die bei einem vor Jahren aufgedeckten Insiderhandelsskandal spurlos verschwanden, es war Harrys Vater Sal, der als Einziger eines Insiderings seither in Haft sitzt und schweigt.

Und Sal Martinez spielt im ganzen Roman quasi in Abwesenheit eine zentrale Figur, denn der charismatische Lebenskünstler hat Harrys jugendliches Hacker-Unwesen ebenso gefördert wie er ihr seine professionellen Poker-Fähigkeiten beibrachte. Doch Harry hat viele Gründe, warum sie den Kontakt zu ihm abgebrochen hat, und nun verfolgen seine früheren Mitspieler in der Welt der Investmentzocker die Tochter, um endlich an Vaters Beute zu kommen.

Unterstützung findet Harry in dem von ihr sehr geschätzten Chef Dillon, aber es spielen auch einige heruntergekommene Partner eine gefährlich skrupellose Rolle. Der Killer von der U-Bahn erweist sich als höchst gefährlicher Psychopath. Die Spinne in dem undurchschaubaren Netz aber ist „der Prophet", der auf unheimliche Weise die Fäden zieht. Was für Harry zur halsbrecherischen Suche nach der Wahrheit führt, nachdem die geforderten 12 Millionen unversehens auf ihrem Konto erscheinen. Harry bietet den Häschern die Rückgabe an, aber – die Überweisung war rein virtuell!

Atemberaubend entwickelt sich das Geschehen mit immer neuen überraschenden Wendungen und man fiebert mit der sympathischen Harry mit, wenn sie verzweifelt gegen Gegner kämpft, die ihr anscheinend immer wieder einen Schritt voraus und alles andere als zimperlich sind. Das fesselt bis ins endgültig filmreife Finale und trotz vieler Einblicke in die IT-und Hackerszene wie auch in Finessen des Investmentbankings muss man von beidem nicht viel verstehen, um sich hervorragend zu unterhalten.

Ava McCarthy hat hochinteressante Charaktere erfunden, erweist sich als Meisterin spannungstreibenden Schreibens und krönt das große Lesevergnügen mit offenbar gründlich recherchierten Pokertricks, die Harry als gewitzte Schülerin ihres Vaters hinreißend einzusetzen versteht. Und man darf sich über noch etwas freuen: weitere Abenteuer der Hackerin sind in Vorbereitung!

 

# Ava McCarthy: Passwort Henrietta (aus dem Englischen von Karl-Heinz Ebert); 480 Seiten, Klappenbroschur; Knaur Verlag, München; € 14,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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