BODO KIRCHHOFF: „ERINNERUNGEN AN MEINEN PORSCHE"

Ihre Unpopularität hat schwindelerregende Werte erreicht und wenn dann einem dieser schnöseligen Investmentbanker etwas derartig Bescheuertes passiert, dann ist Häme angesagt: Daniel Deserno, Jahrgang 1970 und seit Jahren auf der Überholspur, nimmt Heiligabend 2007 allerschwersten Schaden an Körper und Seele, als die höchst verärgerte Gespielin Selma dem zwecks Liebesspiel an die Heizung gefesselten Potenznik mit einem edlen Designer-Korkenzieher seinen Porsche ruiniert.

Danny fuhr nicht nur grundsätzlich Sportwagen dieser Marke, er nannte auch sein wichtigstes Sportgerät so. Und nun weilt er für 1800 Euro pro Tag in der Behindertensuite der Waldhaus-Klinik, unterzieht sich seit Monaten allerlei therapeutischen Behandlungen und will seine „Erinnerungen an meinen Porsche" schriftstellerisch umsetzen. Das ist dann auch Titel und Ausgangspunkt für Bodo Kirchhoffs jüngsten Roman. Der knüpft in frech-satirischer Nonchalance nicht nur an seinen „Schundroman" von 2002 an, der boshafte Zeitkritiker erweist sich damit gleich dreifach äußerst aktuell.

Die ebenso zynischen wie verantwortungslosen Zocker, die die globale Finanz- und Wirtschaftskrise verschuldeten, werden hier in der Lichtgestalt des so peinlich in den Rollstuhl versetzten Gockels als ebensolche vorgeführt. Zugleich befindet sich unter all den Promi-Patienten auch Helene, die mit den Bekenntnissen einer jungen Hämorrhoidenpatientin einen Bestseller schrieb und nun den Ruhm nicht verkraftet. Unschwer ist unter dieser verstörten Mitzi und ihrem seltsam exaltierten Imtimgehabe eine gewisse Feuchtgebietsexpertin zu erkennen. Bleibt noch Dannys altlinke Mutti Ursel, die einst im Frankfurter Dunstkreis gewisser Spontis in der WG lebte – ein prototypisches Überbleibsel jener Ewig-68er, denen 40 Jahre noch längst nicht zum Erwachsenwerden gereicht haben.

Was Danny nun beim Auskurieren des NPK-Syndrom, also einer veritablen „narzisstischen Persönlichkeitskrise", so erlebt, hat Kirchhoff herrlich schnoddrig niedergeschrieben. Nebenher gibt es auch noch Seitenhiebe auf den Literaturbetrieb und – er lässt Herrn Deserno sogar ein kleines Happyend angedeihen und den Porsche wieder rollen (beziehungsweise stehen). Ein Schundroman? Irgendwie schon, aber auch schön satirisch.

 

# Bodo Kirchhoff: Erinnerungen an meinen Porsche; 223 Seiten; Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg;

€ 17,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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