NICHOLAS D. SATAN: „DAS TAGEBUCH DES TEUFELS"

Was waren schon Salman Rushdies „Satanische Verse" - reine Erfindung. Ungleich Wertvolleres liegt nun vor mit ganz und gar autentischen Beiträgen des echten Satans zur Weltgeschichte, vom Fürsten der Finsternis persönlich niedergeschrieben und von dem zur Veröffentlichung auserwählten Professor M.J. Weeks für die Erdenbürger transkribiert. „Das Tagebuch des Teufels" heißt das von Nicholas D. Satan verfasste Traktat.

Da fällt nicht nur die edle rote Schriftprägung auf dem schwarzen Einband auf, es ist auch ganz dem echten abgegriffenen Diarium nachempfunden. Gewissermaßen als Echtheitszertifikat ist vorn ein Faksimile des seinerzeitigen Teufelspaktes eingeheftet und natürlich beginnt das Büchlein mit den einführenden „Persönlichen Daten", die als Privatadresse das Haus Drudenfuß in der Straße der Verdammnis in Port-au-Prince, Haiti, aufführen. Selbstredend hat der Gentleman auch eine Webseite und unter den im Notfall zu kontaktierenden Stellen zählt er auch das Pentagon auf.

Transkribent Weeks lässt keinen Zweifel an der Echtheit des Tagebuchs und ist selbst erstaunt und begeistert über so manche Klarstellung geschichtlicher Vorgänge, die wir bisher eigentlich ganz anders in Erinnerung hatten. Das ist Geschichtsschreibung von unten, von ganz weit unten, und sie stellt manches klar, was die Entstehung der Welt angeht aber ebenso den Lauf der Menschheitsgeschichte bis in die Gegenwart. Schon die Schöpfung erscheint hier in etwas anderem Licht, wenngleich Satan damals nur mit einzelnen Spitzen in die Genesis zu funken vermochte.

Zugleich erfährt man, warum er den Ausstieg aus dem Himmel suchte: beim CEO (Commandant Exclusiver Omnipotenz = Gott) herrschte schreiende Langeweile! Unten angekommen gründete Satan sein „Unternehmen Unterwelt", für das er anfangs eine Menge gefallener Engel um sich scharte, später kamen namhafte Irdische hinzu wie Inquisitionserfinder Torquemada oder Dick Cheney. Und nicht zu vergessen die beliebten freien Mitarbeiter wie Dschingis Khan. Zunächst aber nervt Gottes Kampagne gegen die Todsünden und dessen Ex-Untergebener fragt sich, „wie sein Pärchen (Adam und Eva) sich vermehren soll, wenn Er alles verbietet, was Spaß macht."

Es ist köstlich zu lesen, wie der Höllenfürst sich mit den zehn Geboten herumschlägt oder über „die technischen Probleme, um diese Maria zu schwängern" lästert. Neidisch wird er auf die gute PR des CEO bei der Jesus-Geschichte, dafür genießt er manchen Erfolg im Mittelalter, dem Highlights wie die Französische Revolution, der Erste Weltkrieg und vieles mehr folgen. Wenn der Zweite Weltkrieg nur knapp erwähnt wird, dann weil Hitler alles allein machen wollte.

Das Alles ist eine köstlich freche Aufklärungsarbeit seiner Majestät, abgerundet von ebensolchen Zeichnungen und vielen Abbildungen. Fazit: ein kleines böses Satansvergnügen, das für „Sympathy for the Devil" wirbt, und auch Kreationisten haben Grund, sich dieses Buches zu erfreuen...

 

# Nicholas D. Satan: Das Tagebuch des Teufels (transkribiert von M.J.Weeks/aus dem Englischen von Edith Beleites); 160 Seiten, farbig ill.; Eichborn Verlag, Frankfurt; € 12,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 622 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de