GAELLE GUERNALEC-LEVY: „EINE NACHT IM FRÜHLING AM MEER"

Selten gelingt ein erotischer Roman so prickelnd, niveauvoll und fesselend zugleich wie das Debüt der jungen Französin Gaelle Guernalec-Levy, das den Eröffnungssatz „Eine Nacht im Frühling am Meer" als Titel trägt. Und diese Eröffnung führt in einen ebenso offen wie elegant beschriebenen Liebesakt der Ich-Erzöhlerin Claire, der eine 16 Jahre dauernde ungestillte Sehnsucht beschließt.

Jene Momente, die bei der damals 16-Jährigen dieses unstillbare Verlangen entstehen ließen, füllen nun viele Seiten und lassen nachempfinden, welche glühende Leidenschaft dieser nur D genannten ersten Mann in ihrem Leben erweckt hat. Aber es war ihnen nicht vergönnt, das Begeheren auszuleben, denn die verschiedenen Ansätze waren zwar voller Gier und Hingabe, doch jedes Mal wurden sie kurz vor der Erfüllung gestört. Und dann verloren sie einander aus den Augen.

Längst ist Claire glücklich mit Pierre verheiratet, und hat zwei Kinder. Dennoch nagt da immer wieder und zunehmend das Gefühl einer schmerzlichen Leere und sie flüchtet sich bis zur Obession in erotische Fantasien, die sich stets um D drehen. Als dann nach 16 Jahren eine unverhoffte Begegnung gibt, kommt es zu einer ungewöhnlichen Melange jenseits von Vernunft und Konventionen und zu einem rauschhaften Ausleben des so lange ungestillten Verlangens.

Das überschreitet Tabus und überzeugt doch als Glaubhaft, denn die Autorin zeichnet die lodernden Empfindungen Claires mit einem solch sensiblen Sprachzauber, dass er ganz einnimmt, dass er eine geradezu intime Atmosphäre des Dabeiseins beim Leser erzeugt. Fazit: ein höchst sinnlicher kleiner, aber ausgesprochen feiner Roman einer Selbstfindung.

 

# Gaelle Guernalec-Levy: Eine Nacht im Frühling am Meer (aus dem Französischen von Nathalie Mälzer-Semlinger); 148 seiten; Aufbau-Verlag, Berlin; € 16,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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