BEATE TERESA HANIKA: „ROTKÄPPCHEN MUSS WEINEN"

Jeden Freitag nach dem Klavierunterricht muss die 13-jährige Malvina ihren Opa besuchen. Es fällt ihr immer schwerer, denn Opas Liebe zu ihr überschreitet Grenzen, die mit dem Verhältnis zwischen Großvater und Enkelin gar nichts mehr zu tun haben. Bei den Eltern aber stoßen ihre schüchternen Versuche, sich von dem verwitweten alten Mann und seinen Zudringlichkeiten fernhalten zu dürfen, auf taube Ohren.

Nur Opas Wohnungsnachbarin, die freundliche Polin Frau Bitschek ahnt die Nöte Malvinas, wenn sie einmal mehr wie einst Rotkäppchen mit einem Korb mit Wein und Lebensmitteln die Treppen hinaufsteigt. Und „Rotkäppchen muss weinen" hat Beate Teresa Hanika ihren sehr feinfühlig verfassten Roman auch überschrieben. Der erhielt zu Recht den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis 2007, denn der Autorin gelingt es hervorragend, die seelischen Nöte zu schildern, die der sexuelle Missbrauch bei dem Mädchen auslöst.

Zu den ohnehin schweren Belastungen, die diese verlogene Großelternidylle mit ihren widerwärtigen Zwängen auslöst, kommt die Hilflosigkeit, weil niemand in ihrer Familie sie unterstützt. Die Eltern wollen von derartigen Verdächtigungen nichts hören, der Schwester kann sie sich nicht anvertrauen und der große, bewunderte Bruder versagt ebenfalls, als sie ihn am dringendsten gebraucht hätte.

Das Buch macht deutlich, wie sich Opfer wie Malvina dennoch wehren können. Dabei bleibt die Autorin jedoch realistisch, wie sie auch die schlimmen Vorgange selbst in diskrete Worte fasst und dennoch so nachempfindbar macht, dass es einen frösteln lässt. Fazit: das heikle Thema ist hier hervorragend aufbereitet und das nicht nur für junge Leser ab zwölf.

 

# Beate Teresa Hanika: Rotkäppchen muss weinen; 223 Seiten; Fischer Schatzinsel, Frankfurt; € 12,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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