VIKTOR PELEWIN: „DAS FÜNFTE IMPERIUM"

Viktor Pelewin gilt als der Kultautor der russischen Literatur. Wer sein neues Buch „Das fünfte Imperium. Ein Vampirroman" liest, wird bald verstehen, warum. Alles fängt mit einer Anzeige an, die den Eintritt in die Elite verheißt. Als Roma dem folgt, findet sich der 19-jährige Moskauer bald nach einer Betäubung gefesselt in einer Wohnung bei dem maskierten Brahma wieder.

Dem gelingt es, die Bedenken Romas zu überwinden, denn gleich zu Beginn überzeugt der Geheimnisvolle den skeptischen Jüngling: „Vampire sind nie pervers". Stattdessen haben sie als Elitewesen längst insgeheim die Weltherrschaft übernommen und halten sich die gewöhnlichen Menschen quasi als Nutzwesen. Aus Roma wird Rama II. und als solcher durchläuft er nun eine ebenso aufwändige wie hingebungsvolle Ausbildung, die immer wieder für traumhafte Sequenzen von realem Surrealismus sorgt.

Rama lernt, wie Vampire über elegante „Verkostungen" durch ein paar Tropfen roter Flüssigkeit – das Wort Blut wäre zu ordinär – die Erinnerungen eines Normalsterblichen aufnimmt. Doch auch Glamour und Diskurs wollen gelernt sein, bis der Anwärter reif ist für den „Großen Sündenfall". Verlockend wird für Rama die smarte Mitschülerin Hera, während der Eintritt ins Allerheiligste der Vampire eine wahrhaft skurrile Szenerie mit der „Großen Maus", eröffnet.

So verrückt sich das anhören mag, diese ungewöhnliche Vampirgeschichte, die all die typischen Klischees als solche mitverarbeitet, lebt weder von viel Action noch von blutrünstigen Ritualen. Geistreich und kritisch-politisch erweist sich das von eleganter Sprachgewalt durchzogene Werk als ernstzunehmender postmoderner Fantasyroman mit viel philosophischem Tiefgang. Fazit: Dracula nein, Kult und Klasse ja.

 

# Viktor Pelewin: Das fünfte Imperium (aus dem Russischen von Andreas Tretner); 399 Seiten, Klappenbroschur; Sammlung Luchterhand, München; € 10

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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