ANNIE LEIBOVITZ: „AT WORK"

Annie Leibovitz ist die weltweit berühmteste lebende Fotografin und es gab und gibt etliche Bücher und Ausstellungen mit ihren Arbeiten. Mit dem in edler Leinenaufmachung erschienenen Buch „At Work" aber erlebt man die 59-Jährige erstmals auch als Autorin. Offen und gänzlich uneitel schildert sie darin ihren Weg zur einzigartigen Fotokünstlerin.

Der begann 1970 mit einem Bild von Studenten, die gegen den Einmarsch der USA in Kambodscha demonstrierten, und der „Rolling Stone" machte es zum Titelfoto. „Den Moment, als ich das Bild am Zeitungskiosk sah, werde ich mein Leben nicht vergessen", schreibt sie. Und es sollte ein schicksalsträchtiges Ereignis sein, denn die gerade 20-jährige Kunststudentin, die lediglich einen Abendkurs für Fotografie absolviert hatte, wurde im Nu Dauergast in dem immer bedeutsamer werdenden Magazin.

1973 war sie bereits dessen Chef-Fotografin und in den zehn Jahren bis zum Ausscheiden folgten allein 142 Coverfotos, viele davon bis heute unvergessen. 1975 bat sie Rock-Diva Mick Jagger, die US-Tour der Rolling Stones als Fotografin zu begleiten und es entstanden ungewöhnliche Band- und Konzertfotos. Zu den zahlreichen Kultaufnahmen der frühen Jahre aber zählten vor allem jene von John Lennon und das gipfelte in dem berühmtesten aller Fotos, das den Ex-Beatle nackt an der Seite Yokos zeigt, aufgenommen wenige Stunden vor seiner Ermordung am 8. Dezember 1980.

Ikonen der Personenfotografie wurden ihr Markenzeichen, darunter solche mit Kultcharakter wie jenes von Bette Midler im Rosenbett, Woopie Goldberg in Milch badend oder jene wiederholten Zusammenarbeiten mit Arnold Schwarzenegger, mal nackt, mal hoch zu Ross oder als Skifahrer. Und Annie Leibovitz gelang ein einzigartiger Skandal, nachdem sie 1983 zu „Vanity Fair" gewechselt war – Hoolywood-Star Demi Moore hochschwanger und nackt auf dem Cover! Das Publikum war schockiert und nahm moralischen Anstoß, dennoch wurde das so anmutige Foto ein Riesenerfolg.

Natürlich erfährt man auch viel von den Sessions, von all der Eitelkeitsgymnastik der Stars, wie sie selbst Exzentriker entweder bändigte oder so ablichtete, wie sie sich zu geben müssen meinten. Zu denen zählte schließlich 2007 auch Queen Elizabeth, von der außergewöhnliche Bilder gelangen. Die Session im Buckingham Palast verlief übrigens ohne den angeblichen Skandal und die BBC musste sich als Verursacherin der Gerüchte sogar entschuldigen. Die Fotokünstlerin gesteht aber auch, mit welchen Bauchschmerzen sie in den 80er Jahren erstmals auch Werbeaufträge übernahm. Da überrascht es kaum, dass sie auch dabei wieder Herausragendes fabrizierte wie jene Porträtserie für American Express.

Im Anhang verrät sie dann einige Berufsgeheimnisse, indem sie zehn der ihr am häufigsten gestellten Fragen beantwortet. Dazu gehört eine erstaunliche Aussage: „Auf meinen Bildern lächelt kaum jemand." Abschließend stellt sie ihre Ausrüstung vor, wobei seit ihren Anfängen die Objektive über 35mm, 55mm und 105mm die wicxhtigste Rolle spielten. Fazit: „At Work" ist die autobiografische Werkschau einer großen Künstlerin, die viel zu zeigen und Interessantes davon zu erzählen hat.

 

 

# Annie Leibovitz: At Work (aus dem Amerikanischen von Ursula Wulfekamp und Tanja Handels); 240 Seiten, über 200 Abb., Mittelformat; Schirmer/Mosel Verlag, München; € 46

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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