SANDRA BROWN: „WARNSCHUSS"

Mit ihrem neuen Roman „Warnschuss" überbietet Erfolgsautorin Sandra Brown sich selbst, denn so intensiv sie einerseits die kriminalistische Hochspannung aufkochen lässt, so hitzig ist andererseits die Begierde, die den sonst so gradlinigen Detective Sergeant Duncan Hatcher vom Savannah-Chatham Police Department alle polizeitaktischen Regeln und moralischen Grundsätze zu ignorieren lassen droht.

Hatcher hat eben einen massiven Dämpfer von Richter Cato Laird verpasst bekommen, weil er seiner Wut über die schwach begründete Verfahrenseinstellung gegen den Drogenbaron und Mörder Savich zu unbeherrscht Ausdruck gegeben hat. Kurz darauf werden er und seine ebenso nüchterne wie fähige Partnerin Dee Dee Bowen ausgerechnet zu Lairds Villa gerufen, denn dessen schöne Ehefrau Elise hat einen Eindringling erschossen. Aus Notwehr, wie sie versichert. Duncan glaubt ihr sofort und Dee Dee wirft ihm Befangenheit vor, denn sie hat bemerkt, dass der sonst so überlegte Kollege völlig hingerissen von der attraktiven Elise ist.

Als diese Duncan am nächsten Tag in seiner Wohnung aufsucht, will er ihren Erklärungen nicht folgen, dass der Erschossene kein Einbrecher war, sondern sie im Auftrage ihres Mannes umbringen sollte. Doch die alles beherrschende brütende Hitze des Sommers in Georgia tut das Ihrige dazu, als Duncan Elise bei einem erneuten geheimen Treffen zwar wieder nicht glaubt, sich aber von ihr verführen lässt. Vollends fasziniert von ihrer betörenden Sinnlichkeit riskiert er nun sogar seinen Job und ist dann um so mehr erschüttert, als er kurz darauf dienstlich zu Elisas Wagen gerufen wird. Der steht auf der großen Talmadge-Brücke, am Steuer sitzt der erschossene Privatdetektiv Meyer Napoli.

Und schließlich findet Duncan an der Brücke eine Sandale und einen Stofffetzen aus just jenem Rock, den er ihr vor Stunden erst vom schlanken Leib gezerrt hatte. Weitere Spuren aber gibt es nicht und wer in diesen Fluss voller Strudel stürzt, hat auch keine sonderlich guten Überlebenschancen. Richter Laird bekennt, dass er Napoli beauftragt hatte, Elise zu beschatten, weil er eine Affäre vermutete. Duncan ist hin- und hergerissen, denn nun liegen außerdem Beweise auf dem Tisch, dass Elise offenbar recht enge Kontakte mit Savich pflegte, der erneut in den Verdacht gerät, für einen zynisch brutalen Mord verantwortlich zu sein. Aber sie soll ja auch vor der Ehe mit dem reichen Richter schon als Serviererin in Savichs Oben-ohne-Bar gejobbt haben.

Ist sie ein hinterlistiges Luder, das Duncan instrumentalisiert? Oder doch Opfer ihres Mannes? Aber warum sollte der so in die Schöne vernarrte Mann sie loswerden wollen? Duncan zweifelt an der geheimnisvollen Traumfrau, die ihn völlig durcheinanderbringt, jedoch offenbar mehr Vergangenheit verbirgt, als ihm lieb sein kann. Hat sie den Einbrecher vorsätzlich erschossen und dann auch Napoli, weil beide sie erpressen wollten? Schließlich wird die unkenntliche Leiche einer jungen Frau aus dem Fluss geborgen und Richter Laird identifiziert sie anhand eines Muttermals an intimer Stelle als seine Frau.

Mehr darf hier nicht verraten werden von diesem echten Thriller voller Wendungen und Überraschungen. Nur so viel sei angedeutet: dass der Leser nicht nur einmal in den Genuss erotischer Szenen kommt, wie man sie in dieser souveränen Qualität selten kredenzt bekommt. Wie schon der ganze Vorlauf absolut filmreif in seiner Dynamik, seiner Farbenpracht und dichten Atmosphäre ist, so endet der Roman in einem grandiosen Finale.

Fazit: derartig perfekt und raffiniert komponierte Thriller haben Seltenheitswert und samt der zupackenden Sprache und der ebenso interessanten wie glaubhaften Charaktere kann es nur eine Wertung geben - „Warnschuss" ist ein Meisterwerk erster Klasse.

 

 

# Sandra Brown: Warnschuss (aus dem Amerikanischen von Christoph Göhler); 511 Seiten; Blanvalet Verlag, München; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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