OLIVER STORZ: „DIE FREIBADCLIQUE"

Wenn ein fast 80-Jähriger aus seiner Jugend im Zweiten Weltkrieg erzählt, kann das noch von Interesse sein? Ja, wenn jemand wie der erfolgreiche Drehbuchautor Oliver Storz dies tut und sich dabei derartig nüchtern, flott und ohne sentimentale Verklärungen in genau jene Zeit zurückversetzt, die er selbst als 15-Jähriger zwischen Sommer 1944 und Ende 1945 durchlebte.

„Die Freibadclique" hat er den Roman genannt, den er da mit viel Selbstironie des anonymen Ich-Erzählers und im typische schnoddrigen Ton der halbgaren Jungs ausbreitet. Fünf Gymnasiasten sind sie, die sich in der schwäbischen Kleinstadt – wie Storz selbst seinerzeit – lieber im Freibad aalen, nachts heimlich Benny Goodman, GlennMiller und ähnlichen Jazz-Größen auf den verbotenen Feindsendern lauschen und sich für Nazi-Propaganda und Kriegsheldentum herzlich wenig interessieren.

Wirklich interessant ist dagegen die 18-jährige Lore mit dem roten Badeanzug und dieser auf ewig unvergesslichen Handbewegung, wenn sie sich den Stoff aus der Poritze zupft. Doch die Zeiten werden nicht nur an den Fronten dramatisch schlechter und der Ich-Erzähler hat es gleich zu Beginn lakonisch klargemacht, dass der Sensenmann ihre Clique schon bald dezimieren wird. Vorerst aber ist die größte Herausforderung, den rabiaten Anwerbern der SS zu entgehen. Man muss dem Autor dankbar sein, dass er die schwer zu umgehende Not so anschaulich beschreibt, denkt man an die Erklärungsnöte eines Günter Grass und anderer für ihre kurze Zwangskarriere mit den schwarzen Kragenspiegeln.

Aber auch diejenigen, die „nur" noch zum Volkssturm eingezogen werden, haben Mühe mit dem Überleben. Und plötzlich ist der Krieg vorbei, die Besatzungszeit bringt neue Abenteuer und Frieden heißt dann irgendwann auch wieder Schulbesuch und Normalität versuchen. Ob die davongekommenden Jugendlichen darüber so richtig glücklich waren? „Wir hassten den Krieg, aber kaum weniger den Frieden, der kommen würde mit Schule, Tanzstunde und Hausmusik."

Das ist wohltuend unpathetisch geschrieben und überzeugt mit seinen realistischen Impressionen. Fazit: ein reizvolles Stück Erinnerungsliteratur, das ganz sicher viel Autobiografisches birgt und gerade deshalb so authentisch wirkt.

 

 

# Oliver Storz: Die Freibadclique; 247 Seiten; SchirmerGraf Verlag, München; € 19,80

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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