DAVID FERMER: „RATS"

Zuerst hat der Waisenjunge Daniel nur einen Alptraum von einer riesigen Ratte, die ihn angreift. Als der 15-Jährige kurz darauf jedoch schlaflos über die Insel wandert und zum Fischzuchtbetrieb des mächtigen Andermann kommt, sieht er zunächst, wie heimlich Fässer an Land geschafft werden, und gleich danach erscheinen übergroße Ratten, um vom Abwasser der Anlage zu saufen.

Natürlich sieht Daniel sofort einen Zusammenhang zwischen den unbeschrifteten Fässern und dem Riesenwuchs und damit zieht David Fermers Geschichte um „Rats" bis zur letzten Zeile jeden Leser ab etwa 13 Jahre in ihren Bann. Bald werden Daniel und die anderen Waisenkinder nämlich von Meldungen aufgeschreckt, dass zwei Menschen auf der sonst so friedlichen Insel bestialisch ermordet und teilweise angefressen wurden. Mit seinen Freunden Nina, Pascal und Roman erkundet Danile das Geheimnis der Fischzuchtanlage und sie geraten in Lebensgefahr dabei, als man sie erwischt und gefangen nimmt.

In den Monaten vor dieser Zeit gerät Daniels früherer Freund Mike auf dem Festland in solche Schwierigkeiten, dass er statt in normalen Verhältnissen in der Gosse landet. Willig lässt er sich deshalb von einem seltsamen feinen Herrn für einen Laborjob anheuern, der ihm Großartiges verheißt. Sechs Monate genießt er ein angenehmes Leben einschließlich einer schönen Liebesdienerin – wenn es ihm nach einem weiteren medizinischen Test nicht gerade mal wieder sehr schlecht geht. Bis es plötzlich so weit abwärts mit ihm geht, dass er zum „Krematorium" verlegt wird.

Derweil lernt man auch das System näher kennen, in dem all dieses und noch Übleres spielt, denn wir schreiben das Jahr 2080 und es herrscht Lebensmittelknappheit in der Diktatur des brutalen Generals, für den die Devise gilt: „Die Menschen brauchen keine Entscheidungsfreiheit, sie brauchen Sicherheit." Und genug zu essen, weshalb er mit seinem alten Freund Andermann das Projekt „Goliath" anlaufen lassen will, bei dem das Wachstumshormon DT6 das Wachstum zum Beispiel von Fischen ungeheuer angekurbelt wird – mit ungeahnten Langzeitfolgen nicht nur für die Tierwelt.

Doch trotz des drakonischen Regimes formiert sich Widerstand. So flüchtet ein ehemaliges Mitglied aus dem Stab des Generals und gelangt zu dem untergetauchten berühmten Wissenschaftler Johansson, mit dem zusammen er eine Wende herbeiführen will. Zugleich erwacht Mike im Krematorium des alten Farag, zu dem die Opfer der Regierungslabors zur Entsorgung gebracht werden. Oft noch gar nicht tot, wie nun auch Mike, und Farag hat bereits etliche von ihnen heimlich gerettet.

Derweil kommt der Befehl, die Insel wegen der Mordfälle zu evakuieren, die vier Jugendlichen jedoch sitzen in der Fischzuchtanlage gefangen. Während sie sich befreien, entsteht eine geheimnisvolle Allianz zwischen Danile und dem ständig wachsenden Heer der intelligenten Ratten. Da kommt es zu einem barbarischen Kampf zwischen eingeflogenen Soldaten und den Riesennagern, den zwar etliche der Ratten nicht überstehen, von den Soldaten aber kein einziger. Während als nächster Schritt die totale Verwüstung der Insel durch Luftangriffe einsetzt, entsteht ein ebenso schwieriger wie raffiniert einfacher Plan der Widerständler zur Beseitigung des Regimes und immer mehr laufen die verschiedenen Handlungsstränge nun aufeinander zu.

Das hochdramatische Finale ist so großartig gelungen wie der gesamte Jugendthriller, der immer wieder überrascht, mit manch harten Szenen aber nichts für schwache Nerven ist. Beunruhigend bei diesem düsteren Zukunftsroman ist das hohe Maß an Realitätsnähe und gerade das macht diese absolut filmreife Geschichte zu einer solch packenden Lektüre nicht nur für Jugendliche.

 

# David Fermer: Rats (aus dem Englischen von Gerold Anrich und Martina Instinsky-Anrich); 317 Seiten; Thienemann Verlag, Stuttgart; € 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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