RICHARD VINE: „NEW CHINA NEW ART"

China boomt auf vielen Gebieten, in Sachen moderner Kunst allerdings erst seit etwa zehn Jahren global, obwohl die Avantgard bereits zur Zeit der Wirtschaftsreformen von Deng Xiaoping erste nicht-offizielle Ausstellungen post-impressionistischer Malerei wagte. Der große Wendepunkt kam mit der 3. Shanghai Biennale im Jahr 2000 und was seither auch die interantionalen Galerien erobert, ist teils atemberaubend.

Der New Yorker Kunstexperte Richard Vine gibt nun mit seinem exzellent gemachten Textbildband „New China New Art" einen Überblick über die trotz mancherlei staatlichen Repressalien beispiellos dynamische Kunstszene des Riesenreiches, die sich seit Maos Tod allmählich bahn brach. Der rapide soziale Wandel der Volksrepublik findet ebenso Eingang in das Schaffen wie eher westliche Themen, fieberhafte Experimentierfreudigkeit trifft auf das Bemühen um Erhaltung chinesischer Identität und allenthalben greift die Kommerzialisierung auch auf das chinesische Galerie- und Ausstellungswesen über.

Das Buch widmet sich neben der Malerei auch der Bildhauerei, der Installationskunst, der Fotografie, der Performance und den Videoarbeiten. 80 der wichtigsten Künstler werden vorgestellt und neben der ungeheuren Vielfalt überrascht das oft erstaunlich hohe Maß an Satire und Provokation, wenn z.B. die Luo Brothers ein „Mao Burger Monument" wagen, Wang Guanyi die geheiligten Rotarmisten vor eine Coca-Cola-Reklame postiert oder Yue Minyuns „Butterfly" hintergründige, ja subversive Botschaften plakatiert.

Fazit: ein faszinierendes Kompendium, dessen Inhalt man vor zehn Jahren noch schlicht für unmöglich erklärt hätte und der dennoch auch heute noch staunen lässt über so viel Liberalität zumindest gegenüber der avantgardistischen Kunst.

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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