F.E.HIGGINS: „DAS SCHWARZE BUCH DER GEHEIMNISSE"

Wer „Das Schwarze Buch der Geheimnisse" zu lesen beginnt, erfährt als erstes, dass die Autorin F. E. Higgins diesen Roman gar nicht selbst erfunden hat. Sie ordnete vielmehr lediglich die Fundstücke aus Joe Zabbidous Geheimnissammlung und die Erinnerung des Ludlow Fitsch, die sie beide in einem alten Holzbein fand.

Noch kurioser als diese Einleitung gerät dann das erste Kapitel, in dem besagter Ludlow nur mit größter Mühe einer schlimmen Tortur entkommen kann, als seine garstigen versoffenen Eltern ihn dem brutalen Zahnhändler Gumbroot ausliefern. Der will dem Jungen die Zähne ausreißen, um sie zu verhökern. Ludlow gelingt die Flucht aus der Stadt, indem er sich an die Kutsche von Jeremiah Ratchet klammert. Der fährt heim in das Bergdorf Pagus Parvus, das er wie ein Despot beherrscht, weil ihm die meisten Häuser gehören und fast alle Bürger bei ihm in der Kreide stehen.

Ludlow jedoch, diesen Herumtreiber und Taschendieb aus übelsten Kreisen, verschlägt das Schicksal zu Joe Zabbidou, der am selben Tag in dem Dorf angekommen ist und eine Pfandleihe eröffnet. Der ebenso freundliche wie undurchsichtige Mann macht Ludlow zu seinem Assistenten, denn der hatte das Glück, dass ihm der einzige freundliche Mensch, dem er je begegnet ist, Lesen und Schreiben beibrachte. Damit beginnt eine höchst seltsame Zeit für den Jungen, denn sein Meister ist kein gewöhnlicher Pfandleiher – er kauft den Leuten zu nächtlicher Stunde ihre Geheimnisse ab, die alle in das Schwarze Buch wandern.

Damit macht er sich den widerlichen Ratchet natürlich schnell zum Feind, denn dessen gemeine Herrschaft beruht ja auf seinem Wissen um viele Geheimnisse, mit denen er die Leute erpressen und ausnehmen kann. Was Ludlow nach und nach in das Buch zu schreiben hat, sind teils arg düstere Sünden, von denen diese Art Ablass so manches Gewissen erleichtert, und andere sind einfach nur skurril. Doch die Leute wollen mehr von Joe, weil sie meinen, nur er könne dem bösen Ratchet das Handwerk legen. Als er sich dem widersetzt, schlägt die Stimmung gefährlich gegen ihn um. Bis ein mysteriöser Todesfall die gesamte Situation verändert.

Mehr soll von dem bis zuletzt fesselnden Geschehen nicht verraten werden, das die Autorin mit viel dunkler Fantasie, überzeugenden Charakteren und wunderbar dichter Athmosphäre ganz im Stil einer der meisterhaften Geschichten von Charles Dickens schildert. In jener gerade für die armen Leute sehr drückenden Zeit im Schatten der Industriellen Revolution in England spielt auch der Roman, der seinem Titel mit manch gruseligen Szenen alle Ehre macht. Und die Autorin hat das Ende so offen gestaltet, dass nicht nur die jungen Leser ab etwa 12 Jahre auf eine Fortsetzung hoffen dürfen.

 

# F. E. Higgins: Das Schwarze Buch der Geheminisse (aus dem Englischen von Ulli und Herbert Günther); 286 Seiten; Oetinger Verlag, Hamburg; € 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

 

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