ERIC CLAPTON: „MEIN LEBEN"

Im Gegensatz zu Rocklegenden wie Jimi Hendrix oder Janis Joplin hat Eric Clapton lebensgefährliche Krisen überlebt und begeistert noch heute mit seinem genialen Gitarrenspiel. Welche Höhen, vor allem aber auch Tiefen er durchgemacht hat und wie sehr er als trockener Alkoholiker noch heute auf der Kippe steht, das schildert der 62-Jährige in seiner Autobiographie „Mein Leben".

Mit erstaunlicher Schonungslosigkeit und mit im Wortsinne nüchterner Selbstkritik macht er kein Hehl aus seinen Schwächen. Für vieles finden sich Erklärungen, doch es kennzeichnet seine Größe, dass er sie nicht zu Entschuldigungen umdeutet. Gleich zum Einstieg nimmt die unprätentiös geschilderte Kindheit und Jugend sehr für ihn ein. Ärmlich geht es zu, dennoch war es keine unglückliche Zeit im winzigen Haus in Ripley. Bis er erfährt, dass seine Eltern in Wirklichkeit seine Großeltern sind und seine blutjunge uneheliche Mutter sich ganz früh nach Kanada abgesetzt hat.

Als er die bis dahin vermeintliche Schwester mit neun Jahren kennenlernt, prägt sich ihre demonstrative Zurückweisung der Mutterrolle lebenslänglich ein, was sein späteres chaotisches Liebesleben ebenso zu erklären vermag wie seine Neigung zu Misstrauen und Verschlossenheit. Trost gaben ihm damals die Blues-Musik und das Gitarrespielen, das er sich selbst beibrachte. Nicht nur für Musikfans sind es ungeheuer spannende Einblicke in das Bandleben im England der swinging 60ies, in denen er mit sämtlichen namhaften Musikern zusammentrifft und eine Karriere macht, die recht wechselhaft ist, da er sich der angesagten schieren Popmusik aus Überzeugung verweigert.

Während er dabei einerseits viele Feinheiten der Stile und Spieltechniken erläutert, wird andererseits verständlich, aus welchem Anspruch heraus er sich für seine damals als Supergruppen bezeichneten Bands „Cream" und „Blind Faith" heute eher schämt. Glück und Erfolg werden Clapton zwar reichlich zuteil, doch Unglück, Abstürze, schwere private Verluste bis hin zu dem tragischen Tod seines vierjährigen Sohnes Conor gleichen das Positive massiv aus. Sehr persönlich wird die Lebensbeichte insbesondere jeweils dann, wenn er sein größtes Lebensproblem bloßlegt: die exzessiven Phasen von Drogen- und Alkoholkonsum, in die er auch ihm nahestehende Menschen hineinzieht.

Es sind zerstörerische Fluchten und die dramatischste ist jene, in die ihn das tragödienhafte Liebesverhältnis zu George Harrisons Ehefrau Pattie treibt – als sie endlich ein Paar werden, versinken sie gemeinsam im Drogensumpf. Erst spät ist dem uneitlen „Gitarrengott" ein dauerhaftes Familienglück beschieden und man gönnt es ihm, nach dieser schonungslosen Offenbarung umso mehr. Fazit: eine bewegende Beichte eines großen Künstlers, dem die Götter einen hohen Preis für Talent und Erfolg abverlangt haben.

 

# Eric Clapton: Mein Leben (aus dem Englischen von Kristian Lutze und Werner Schmitz); 347 Seiten, div. Abb.; Kiepenheuer & Witsch, Köln; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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