ANTON HOLZER: „DIE ANDERE FRONT"

Propaganda kann zur kriegswichtigen Waffe werden und den strategischen Einsatz der Medien kennen wir nicht erst seit den Golf-Kriegen. Dass mit Medieneinsatz jedoch bereits im Ersten Weltkrieg massiv gearbeitet wurde, ist abseits von frühen Stummfilmaufnahmen und einigem Fotomaterial in den Zeitungen weniger bekannt.

Um so aufschlussreicher ist da der Textbildband des österreichischen Publizisten Anton Holzer, einem ausgewiesenen Experten für Kriegsfotografie, unter dem Titel „Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg". Anhand von über 500 teils spektakulären und zugleich weitgehend unveröffentlichten Fotos aus dem Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek belegt er die immense Aussagekraft der Bilder aus diesem ersten wirklichen Medienkrieg.

Doch es sind nicht nur die Blicke hinter die Kulissen des Krieges von der Front, von der Etappe und von den Zivilisten, die ein eindringliches Bild des Krieges zeichnen, sie geben auch endlich dem ost- und südosteuropäischen Kriegsschauplatz ein Gesicht, der bisher zu Unrecht ein vielfach wenig beachteter Aspekt der mörderischen „Urkatastrophe" des 20. Jahrhunderts war. Zerstörungen, Ruinen, Tote und Verwundete, Vertriebene, Flüchtlinge und Gefangenenelend – die k.u.k.-Kriegspropaganda wollte ein geschöntes Bild des Krieges vermitteln, doch die Fotos entlarven die Widerwärtigkeit der Realität und lassen auch keinen Raum für irgendeine nostalgische Verklärung der Habsburger Monarchie.

Spätestens bei den Bildern von den Gefallenen, den Hingerichteten und jenen von Elend und Entbehrungen konnte die Bildpropaganda nur noch mit raffinierten Methoden in der Heimat verschleiern, welch eine Fratze der Krieg hat. Der Autor wertete dazu einen wahren Schatz aus: 33.000 Originalglasplatten der Kriegsfotografen, die in der Österreichischen Nationalbibliothek lagern und ein fotografisches Erbe des Ersten Weltkrieges darstellen, das noch viel zu Entdeckendes und zu Erforschendes für die Historiker birgt.

 

# Anton Holzer: Die andere Front. Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg; 368 Seiten, über 500 Abb., Großformat; Primus Verlag, Darmstadt; € 39,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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