WALTER/WINKLER: „GOETHE FAUST REMIX"

Goethes „Faust" ein altertümlicher betulicher Bildungsschinken? Immerhin gilt das 200 Jahre alte Stück als ein Meisterwerk der Weltliteratur. Die beiden jungen Frankfurter Autoren Andreas Walter und Viktor Winkler wollten nun wissen, wie zeitlos die Geschichte vom angeblich urdeutschen Gelehrten Dr. Faustus wirklich ist und sie entdeckten Erstaunliches an ihrem ebenfalls in der Mainmetropole geborenen Dichterfürsten.

Kein einziges Wort änderten sie in dessen Werk, als sie es als „Goethe Faust Remix" in die Gegenwart katapultierten, sie erleichterten es nur von den Staubschichten, die Legionen von Studienräten und Literaturprofessoren darauf angehäuft haben und siehe da: dieser Faust ist überaus modern mit einem Teufel von exquisitem Unterhaltungswert. Und von wegen schwergewichtiger Bildungsroman – Goethe erzählt die Geschichte eines lebensüberdrüssigen Gelehrten mit einigem Humor.

Die beiden Faust-Adapteure stoßen den Leser mit ebenso komisch-bissigen wie hintersinnig klarsichtigen Kommentaren, die wie Regieanweisungen in den Originaltext eingeflochten sind, auf all die Gewagtheiten und modernen Innenansichten des Stückes, das im wesentlichen von den Umtrieben eines Suizidgefährdeten handelt. Und natürlich vom Teufel, der ein intelligenter und witziger Geselle ist. Dank der weder literaturwissenschaftlich noch weltanschaulich verstellten Sichtweise wird hier deutlich, in welch erstaunlichem Maße der edle Herr von Goethe ein geistreicher Zyniker war.

Erst gibt bei ihm Goot höchst persönlich dem Teufel quasi einen Freibrief dafür, was er auf Erden zu treiben beabsichtigt und dann ist es ausgerechnet dieser Mephistopheles, der dem Selbstmordkandidaten Faust das Leben schmackhaft macht! Das war vor 200 Jahren noch provokanter und fern jeder 'political correctness' als heute. Aber auch im Weiteren geht es ganz schön 'modern' zu, wenn Faust zum Beispiel von Liebe zum Gretchen schwafelt, wo er eigentlich doch nur einfach geil auf das Doofchen ist.

Die Autoren beweisen höchst unterhaltsam, dass „der olle Faust" tatsächlich noch immer viel Spaß macht und ein auch durch und durch intellektuelles Vergnügen für jüngere Leser ohne aufoktroyierten Bildungsanspruch ist. Diese Korrektur eines wirklichen Stückes Weltliteratur ist auf lobenswerte Weise gelungen. Lediglich die aus unerfindlichen Gründen beigefügte CD mit Popmusik ist eher entbehrlich, zumal die Stücke teils abgestanden und teils geradezu störende Lärmkulissen sind. Den Glanz des wiedergeborenen Faust schmälert diese seltsame 'Anreicherung' zum Glück jedoch nicht.

 

# Andreas Walter & Viktor Winkler: Goethe Faust Remix; 221 Seiten, 1 CD; Paper Chase/3p, Frankfurt; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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