PETER ACKROYD: „SHAKESPEARE. DIE BIOGRAPHIE"

William Shakespeare (1564-1616) war der größte Dichter der Weltgeschichte, doch so bekannt sein gewaltiges Werk ist, desto weniger genau weiß man vieles über sein Leben. Mit Peter Ackroyd hat sich nun einer der versiertesten Biographen dem Genie gewidmet und einmal mehr gelingt es dem englischen Historiker, die Vita einer überragenden Persönlichkeiten nicht nur wissenschaftlich gründlich darzustellen, sondern diese Person geradezu romanhaft lebendig werden zu lassen.

Ackroyd steigt ein mit der Familiengeschichte der Shakespeares und mag er auch insgesamt wenig an den bekannten Daten und Fakten rütteln, so sind doch die Schlussfolgerungen vielfach ebenso überraschend wie überzeugend. Vater Shakespeare war zum Beispiel zwar Bauer, aber durchaus nicht arm, zumal er als Handschuhmacher einen zweiten, damals recht angesehenen Beruf ausübte. Er brachte es zeitweise sogar bis zum Stadtoberhaupt von Stratford-upon-Avon, das trotz aller Londoner Erfolge auch für Sohn William das Zentrum seiner Existenz blieb und eine Basis war für seine große Liebe zur Natur.

Der Biograph verdeutlicht anhand vieler schlüssiger Beweise, dass die ländliche Herkunft das Denken aber auch die so grandios beherrschte Sprache prägte, bei der der Dichter gern auf altherkömmliche Ausdrucksweisen zurückgriff. In faszinierender Weise stellt Ackroyd das Genie in seine Zeit und gibt dem Leser das Gefühl, direkt in dieses Elisabethanische Zeitalter einzutauchen. Wie historische Geschehnisse und Shakespeares Leben sich in seinen Stücken niederschlugen und wiederum nach außen wirkten in einer Epoche, da das Theater als prägendes Unterhaltungszentrum eine virulente gesellschaftliche Bedeutung innehatte, macht zugleich diese spannende Übergangszeit plastisch, als England vom späten Mittelalter in die Frühmoderne überging.

Wie kein Anderer stehe Shakespeare für das Wesen des Englischseins, schließt der Autor aus dessen Rolle in der Geistes- und Kulturgeschichte seiner Ära. Dabei predigte er in seinen Stücken nicht, lieferte keine Regeln, sondern zeigte die Welt mal nüchtern, mal romantisch, mal drastisch wie sie war. Und schuf gerade dadurch die unübertroffene Zeitlosigkeit seiner Werke. Biograph Ackroyd überzeugt bei seiner Vorgehensweise insbesondere durch das intensive Einleben in Shakespeares Welt und schafft damit ein ausnehmend farbiges Porträt des Dichters. Er bringt das so schattenhafte Genie dem Leser dadurch viel näher als manch tiefschürfende Expertenarbeit, die beim Ringen um wissenschaftliche Exaktheit allenfalls ein zweidimensionales Bild zu entwickeln versteht.

Eine brillantere Biographie Shakespeares ist kaum denkbar, zumal sie quasi nebenher außerdem eine exzellente Theaterkunde seiner Zeit ist. Fazit: ein Lesevergnügen von feinstem literarischem Format für Kenner wie für interessierte Laien.

 

# Peter Ackroyd: Shakespeare. Die Biographie (aus dem Englischen von Michael Müller und Otto Lucian); 655 Seiten, div. Abb.; Knaus Verlag, München; € 28

WOLFGANG A. NIEMAMN (wan/JULIUS)

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