DOUGLAS COUPLAND: „ELEANOR RIGBY"

Liz Dunn, dicklich, Rechtshänderin, rotlockig und völlig unscheinbar, ist zu einsam zum Leben und zu ängstlich zum Sterben. Da ist es nur konsequent, dass sie eleanorrigby@arctic.ca als Mail-Adresse gewählt hat nach jenem wunderschönen traurigen Lied der Beatles über „all the lonely people".

Und „Eleanor Rigby" ist auch der Titel des neuen Romans von Douglas Coupland. Längst entkam der Kanadier den Ansprüchen eines Kultautors, doch ungewöhnlich ist auch dieses Tagebuch, das in manchem nicht sehr realistisch zugleich aber als ein bewegendes Märchen und mitten aus unserer realen Zeit und Welt daherkommt. Mit sarkastischer Melancholie erzählt Liz davon, wie ihr belanglos trister Alltag von einem Telefonanruf aufgebrochen wird.

Als 16-Jährige hatte sie sich einst auf einer Klassenfahrt nach Rom im Vollrausch von einem Unbekannten schwängern lassen und das Kind gleich nach der Geburt zur Adoption freigegeben. Dieser jetzt 20-jährige Sohn Jeremy liegt im nahen Krankenhaus und hatte ihre Telefonnummer dabei. In lakonischer Direktheit werden die Beiden auf Anhieb Mutter und Sohn, allerdings bleiben ihnen nur vier Monate, denn Jeremy hat MS in einer rapiden Verlaufsform. Diese kostbare Zeit mit Verfallsdatum lässt Liz' Leben erblühen, bis dann nur noch Jeremys apokalyptischen Visionen übrig sind.

Und die Hoffnung auf ein Zeichen von irgendwoher. Das dann tatsächlich kommt und erneut durch einen Anruf. Dieser betrifft offenbar einen Herrn aus Wien, der damals ebenfalls als Schüler in Rom war. Noch bevor sich Liz jetzt, sieben Jahre nach Jeremys Tod, in neue Dimensionen wagt, hat sie ungewöhnliche Abenteuer zu bestehen, wie überhaupt die Zufälle offenbar einiges an Liz Dunns langjähriger Langeweile auf drastische Weise wiedergutmachen wollen.

Näheres sei hier nicht verraten, aber diese wundersam anrührende Geschichte schreit nach einem Happyend und der souverän gewiefte Autor tut uns den Gefallen und einmal mehr spielt der in Sichtweite kommende Komet Hale-Bopp eine gar nicht so geringe Nebenrolle. Wer sich auf diese sympathische Anti-Heldin und ihre hinreißend komponierte Tristesse mit Farbtupfern einlässt, erlebt bis zum Schluss eine seltsam funkelnde Tragikomödie, die man lange nicht vergisst.

 

# Douglas Coupland: Eleanor Rigby (aus dem Aerikanischen von Tina Hohl); 271 Seiten; Hoffmann und Campe, Hamburg; € 19,50

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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