BIRKEFELD/HACHMEISTER: „DEUTSCHE MEISTERSCHAFT"

Deutsche Meisterschaft" heißt der neue Roman von Richard Birkefeld und Göran Hachmeister. Er spielt zur Zeit der Weimarer Republik und wie schon ihr preisgekröntes Debüt „Wer übrig bleibt, hat recht" ist auch dies weit mehr als nur ein harter Krimi, denn die Charakterbildungen wie auch die Verbrechen, in die die Protagonisten verstrickt werden, haben unmittelbar mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart in dieser Ära zu tun.

Arno Lamprecht ist ein entwurzelter Prolet, der seine traumatischen Kriegserlebnisse nicht verwinden kann. Als er im Novemebr 1923 einmal mehr besoffen heimkehrt, wacht er morgens neben seiner enthaupteten Ehefrau auf. Nur durch das getürkte Alibi eines dubiosen Rennstallbesitzers kommt er vom Mordverdacht frei, findet dadurch allerdings zugleich zu seiner Berufung als Motorradrennfahrer. Zur selben Zeit nimmt der dünkelhafte Landadelige Falk von Dronte an einem Fememord rechtsradikaler Kreise teil. Dronte leidet darunter, dass er als 17-Jähriger bei Kriegsende zu jung war, um sich noch als Held zu beweisen. Als Milchbubi von den Roten verlacht und verprügelt, wird er zum willigen Mitläufer jener Nationalisten, die den Verrätern an der deutschen Sache den Versailler „Schandvertrag" heimzahlen wollen.

Dronte und Lamprecht liefern sich nun im groß aufkommenden Motorsport grandios geschilderte Schlachten um den Gewinn der titelgebenden Deutschen Meisterschaft. Und zugleich buhlen sie ebenso hitzig um die kapriziöse Thea von Bock, die als koksendes Glamourgirl und Boxenluder all die exaltierten Vergnügungen des unpolitischen Teils der wilden 20er Jahre genießt. Jetzt, im Jahre 1926, aber kommen für die Rennrivalen die Schatten der Vergangenheit wieder auf, denn das Opfer des Fememordes wird gefunden und es ist so kopflos wie eine Reihe neuer Leichen, die ein unheimlicher Serienmörder mit Vorliebe jeweils in der Nähe von Rennaustragungsorten enthauptet.

Irgendwann sitzen die Rivalen in einem Boot, doch wohin das furiose Finale führt, sei hier nicht verraten. Nur so viel, dass der makabre Mörder ein Mann mit Ambitionen ist und das Heraufziehen der bekanntlich düsteren Zukunft grimmig ahnen lässt. Dazu trägt insbesondere auch die virtuose Art bei, mit der die Autoren das Denken, die Gefühle und die gesellschaftlichen Strömungen der Weimarer Republik zu vermitteln verstehen. Da fesselt nicht nur die überaus spannende Handlung sondern auch der kenntnisreiche Blick in das weit verbreitete Elend, die seelische Verrohung und die mörderischen politischen Ränkespiele dieser Zwischenzeit zwischen Weltkriegsende und 1933.

Die Sprache ist rau, direkt und vorantreibend und für die hohe authentische Qualität des Romans garantiert das profunde Wissen der Autoren als Historiker mit Schwerpunkt Alltagsgeschichte im Nationalsozialismus.

# Richard Birkefeld/Göran Hachmeister: Deutsche Meisterschaft; 389 Seiten; Eichborn Verlag, Frankfurt; 22,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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