AYAAN HIRSI ALI: „MEIN LEBEN, MEINE FREIHEIT"

Mit 36 Jahren hat die in Somalia geborene Ayaan Hirsi Ali bereits ein so bewegtes Leben hinter sich, dass es für eine packende Autobiographie von fast 500 Seiten reicht. „Mein Leben, meine Freiheit" ist sie überschrieben und ebenso freimütig wie wortgewaltig schildert die Politikerin ihren abenteuerlichen Weg von der Kindheit in der Clan-Kultur über das Exil der Familie bis hin zur vehementen Streiterin gegen den Totalitarismus des Islam.

Als das Mädchen in Folge der politischen Arbeit der Eltern der Obhut der ganz den tief verwurzelten ländlichen Traditionen verhafteten Großmutter anheimfällt, durchleidet sie mit ihrer Schwester den barbarischen Akt der Genitalverstümmelung. Es schaudert beim Lesen, welches Leid mit dieser widernatürlichen Tortur aus vorislamischen Zeiten Millionen moslemischer Frauen bis heute angetan wird. In Alis Schilderung wird die abstruse Mischung aus Dummheit, Ignoranz und Aberglauben, aus der heraus dieses „Reinheits-Dogma" umgesetzt wird, erschreckend deutlich.

Gebannt verfolgt man weiter, wie die Autorin als junge Frau immer mehr mit den Unterdrückungsriten bricht. Unmissverständlich erklärt sie, wie aus muslimischen Mädchen per Glaubensvorschrift quasi ein Nichts ohne Persönlichkeit wird. Schließlich gelte für Frauen noch viel weitgehender das, was schon der Begriff Islam bedeutet: Unterwerfung oder Hingabe. Ali aber war zunächst nur eine aufbegehrende Frau, die unbedingt sie selbst sein wollte einschließlich Bildung und der Ablehnung einer arrangierten Ehe. Dieser schlimme Bruch mit den Traditionen auch der Familie führte dann zu ihrer Flucht in die Niederlande, wo sie sich – wie sie hier offen einräumt – Asyl und Einbürgerung erschlich.

Die Ereignisse vom 11. September 2001 bringen die endgültige Abkehr der bis dahin noch immer gläubigen Muslima, denn diese Verbrechen seien ausdrücklich im Namen ihrer Religion geschehen. Sie schreibt politische Artikel und fordert unter anderem das Verbot von Islamschulen im demokratischen Europa, denn: „In einer muslimischen Schule sind nicht alle Menschen gleich."

Sie geht in die Politik, wird 2003 sogar Parlamentsabgeordnete, kritisiert den Islam immer offener und schreibt schließlich das Drehbuch zu „Submission", einem Film, der auf explizite Weise die Unterdrückung der Musliminnen angreift. Als dann dessen Regisseur Theo van Gogh auf offener Straße von einem Moslem ermordet wird, ist offensichtlich, dass diese Tat ihr galt. Sie muss monatelang untertauchen, doch sie verstummt nicht, und als sie zurückkehrt, kritisiert sie die die Missstände um so drastischer. Sie rügt die multikulturelle Toleranz des Westens gegenüber den totalitären Bestrebungen des Islam mit seiner Koran-Auslegung, die auf der moralischen Haltung seiner Autoren beruht, Männer arabischer Wüstenstämme, die Mohammeds Lehren 150 Jahre nach dessen Tod aufzeichneten.

Hirsi Ali bekennt sich in diesem kämpferischen Werk zu ihrer Abwendung von Allah – eine Sünde, die allein schon als todeswürdig für Moslems gilt. Und spätestens, wenn sie darlegt, dass der Koran kein heiliges Dokument sondern ein von Menschenhand geschriebener historischer Bericht ist, erinnert die Autorin an den ähnlich kompromisslosen Luther, der seinerzeit unter Lebensgefahr den starren Totalitarismus und die Bigotterie einer alleinseligmachenden Kirche geißelte. Vieles klingt subjektiv, teils gar polemisch, dennoch offenbart es neben spannenden Einblicken in muslimische Eigenheiten unbequeme Tatsachen, denen die Menschen in den aufgeklärten Demokratien ins Gesicht schauen müssen, wenn sie gegen den ebenso menschenrechtsfeindlichen wie aggressiven Islam bestehen wollen. Schon deshalb ist dieses fesselnd wie ein Roman verfasste Buch eine extrem wichtige Lektüre.

 

# Ayaan Hirsi Ali: Mein Leben, meine Freiheit. Die Autobiographie (aus dem Englischen von Anne Emmert und Heike Schlatterer; 495 Seiten; Piper Verlag, München;

19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: Bio 197 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de