PHILIPPE CHANCEL: „NORDKOREA"

Bilder aus dem bizarren Open-Air-Museum eines angeblichen Arbeiterparadieses zeigt der Bildband „Nordkorea. Fotografien aus einem abgeschotteten Land" mit rund 300 Abbildungen von Philippe Chancel. Von größter Aktualität nach dem makabren Einstand als Atommacht dieser abstrusesten aller gegenwärtigen Diktaturen, zeigt der Band ein ebenso verstörendes wie bombastisches Spektakel an vorgegebener Großartigkeit, die im extremen Gegensatz zu der Armut steht, in der Millionen von Menschen buchstäblich an mangelnder Ernährung leiden.

In aufdringlicher Geschmacklosigkeit glänzen da geisterhafte und kitschig-bunte Fassaden von inszenierter Normalität mit gewaltigen Monumenten, autoleeren Boulevards samt Triumphbogen und einem pompösen Kinderpalast, dessen Pracht zynisch dem Wissen von täglich verhundernden Kindern entgegensteht. Präzise und sachlich kühl dokumentiert Chancel die Abnormität dieses seit über 50 Jahren extrem abgeschotteten Landes. Diese geht soweit, dass die Volksrepublik Korea als einziges Land der Welt offiziell von einem Toten regiert wird, denn als der Führer Kim Il-sung 1994 starb, wurde ihm der Posten des Präsidenten auf ewig zugesprochen.

Der Einzelne ist nichts und die Masse der 23 Millionen Bürger darbt, sofern sie nicht der riesigen Armee angehört. Kim Jong-il als erratischer „Geliebter Führer" und seine Clique aber praktizieren Luxus und einen abstrusen Nationalkult. Dieser einzigartige, seltsam berührende Bildband lässt ein wenig von der aufdringlichen Geschmacklosigkeit und kleingeistigen Großmannssucht in diesem barbarisch autoritäten Land ahnen, dessen allgegenwärtige Propaganda dieses pompöse militaristische Staatsgefängnis als das Paradies preist.

 

# Philippe Chancel: Nordkorea. Fotografien aus einem abgeschotteten Land; 208 Seiten, ca 300 Abb., Großformat; Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin;€ 45

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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